Kommentar Arbeitsagentur: Wie man Sachzwänge schafft

Der Bund hat den Kommunen zugesagt, stufenweise die Kosten der Grundsicherung für Rentner zu übernehmen. Letztlich werden alle Arbeitslosen die Zeche für den Hartz-Kompromiss bezahlen.

So viel Selbstbedienung war selten: Der Bund finanziert den Kommunen künftig die Ausgaben für verarmte Rentner, eine an sich sinnvolle Entscheidung. Allerdings greift die Regierung für dieses Angebot, mit dem sie sich Ruhe im Hartz-Streit erkauft hat, wieder einmal tief in die Taschen der Bundesagentur für Arbeit (BA), die in den nächsten Jahren ein Milliardendefizit aufhäufen wird.

Was als Wohltat daherkommt, entpuppt sich als Kürzungsprogramm: Da Beitragserhöhungen zur Arbeitslosenversicherung und Kürzungen beim Arbeitslosengeld I nicht populär sind, wird man den Rotstift vor allem bei den Fördermaßnahmen ansetzen, mit denen Hartz-IV-Empfänger wieder in Jobs gebracht werden sollen. So konterkariert Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) alle Beteuerungen, sich verstärkt um die Problemfälle am Arbeitsmarkt kümmern zu wollen: um Langzeitarbeitslose etwa oder um Alleinerziehende.

Doch das Problem reicht weiter: Vor der Finanzkrise hatte die BA Rücklagen von rund 17 Milliarden Euro. Durch die steigende Arbeitslosigkeit und die Finanzierung der Kurzarbeit wurde aus dem Plus rasch ein Minus. Mit dem Geld der Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung, das den größten Teil der jährlichen BA-Einnahmen ausmacht, wurden die Folgen der Wirtschaftskrise beglichen. Und bereits seit 2008 nimmt sich der Bund jährlich fünf Milliarden Euro an Beitragszahlungen und leitet sie in das eigentlich steuerfinanzierte Hartz-IV-System um. Gleichzeitig rutschen immer mehr Arbeitslose direkt in das Hartz-IV-System - auch, weil die Zugangsregeln für das Arbeitslosengeld I verschärft wurden.

ist Redakteurin für Arbeit und Soziales bei der taz.

So bezahlen letztlich alle Arbeitslosen die Zeche für den Hartz-Kompromiss. Und ein Ende ist nicht in Sicht: Wenn die BA 2011 die ersten Defizitmilliarden einfährt, werden die Rufe lauter werden, weitere Leistungen zu kürzen. So schafft man scheinbare Sachzwänge, die dann immer weiter bedient werden wollen.

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Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften

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