piwik no script img

Kommentar Amoklauf und WaffenrechtVorsicht vor Reflexen

Ingo Arzt
Kommentar von Ingo Arzt

Sportschützen sind keine Mörder. Aber das Hobby birgt ein nicht akzeptables Risiko. Deshalb müssen ihre Waffen aus privaten Haushalten verbannt werden.

W ieder ein Amoklauf, wieder Tote, dieses Mal eine Sportschützin. Und wieder steht uns eine Debatte ins Haus: Brauchen wir schärfere Gesetze, um solchen Taten vorzubeugen?

Die Antwort lautet: Die brauchen wir sowieso. Doch der Amoklauf von Lörrach eignet sich nur schlecht, um damit den Ruf nach schärferen Waffengesetzen zu begründen. Eine 41-jährige Anwältin erstickt ihren Sohn, erschießt ihren Mann und einen Pfleger im Krankenhaus, um schließlich selbst von der Polizei erschossen zu werden.

Es ist ein Amoklauf, der einmal mehr all die quälenden Fragen nach dem Warum aufwirft. Doch hätte das heutige Waffenrecht bereits vor 14 Jahren gegolten, dann hätte die Amokläuferin - so der gegenwärtige Stand der Ermittlungen - wahrscheinlich gar keine Pistole mehr besessen.

Der Autor

Ingo Arzt ist Inlandsredakteur der taz.

Die Waffenlobby sagt darum schon jetzt, der Fall zeige, dass die Gesetze völlig ausreichten. Sie dürften in der Politik folglich noch mehr Abnehmer finden für ihre immer gleiche, falsche Klage, man werde nach jedem Amoklauf unter Generalverdacht gestellt.

Klar, Sportschützen sind keine Mörder. Sie sind normale Bürger. Aber: Ihr Hobby birgt ein nicht akzeptables Risiko. Je mehr Waffen kursieren, desto wahrscheinlicher ist, dass bei einem Amoklauf viele Menschen getötet werden. Daraus folgt nicht, den Schützensport zu verbieten. Sondern, Waffen so weit wie möglich aus privaten Haushalten zu verbannen.

Man muss aber auch anerkennen, dass die Politik in Baden-Württemberg aus dem Amoklauf in Winnenden vor knapp zwei Jahren durchaus die richtigen Konsequenzen gezogen hat - zum Beispiel, indem sie das Training für die Polizei verbessert hat. Auch diese Maßnahmen haben jetzt verhindert, dass es in Lörrach noch mehr Tote gab.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • G
    Gerd

    "Hätten alle Verantwortlichen richtig gehandelt, hätte heute niemand mehr Waffen zu Hause." gut für den kommenden Polizeistaat!

     

    Das die angebliche Tatwaffe von Winnenden nicht mit den Kugeln abgeglichen wurde ... ein TABU für die TAZ selbst im Kommentar?

  • V
    vic

    Einspruch!

    Hätten alle Verantwortlichen richtig gehandelt, hätte heute niemand mehr Waffen zu Hause.

    Wenn Schützenvereine Platz- und Sicherheitsprobleme zum Waffenverschluss angeben, so müssen sie diese eben lösen.

    Schließlich sind diese Vereine doch alle "gemeinnützig" nehme ich an.

  • FN
    Floda Nashir

    Warum sollte man den Schützensport nicht verbieten? Das Hantieren mit Tötungswaffen ist doch kein Sport. Niemand braucht das. Von mir aus soll es Ausnahmeregelungen für Förster geben, die mit Pfeil und Bogen nicht umgehen können, aber ansonsten hat eine Schusswaffe in niemandes Hand irgendetwas verloren: Herstellung, Handel und Besitz verboten.

  • K
    Karl

    Da stellt sich die Frage wie stellt sich das tatsächliche Risiko dar, ist es quantifizierbar?

    Betrachten wir zwei Fälle:

     

    1. Totalverbot und Einzug der gemeldeten Waffen wie in UK.

     

    Resultat: 67 -75 % aller in D. vorhandenen Waffen bleiben unberührt. Eine Entwicklung ähnlich der in UK bei Schusswaffendelikten ist möglich. Nach einigen Jahren der Stagnation nimmt dann die Zahl dieser Delikte sprunghaft zu. Ein Sicherheitsgewinn ist nicht erkennbar.

     

    2. Aktuelle Rechtslage mit ca. 290 Toten durch SW im letzten Jahr; davon 14 durch legale Waffen.

     

    Resultat: Stringente Anwendung der geltenden Rechtslage ist begrenzt wirksam, muss aber auch durchgesetzt werden und nicht von unterbesetzten Kontrollbehörden verklüngelt.

     

    Glück auf

     

    Karl

     

    PS:Glückwunsch für den relativ sachlichen Komemntar!

  • K
    katzensniper

    Nicht akzeptables Risiko also meint der Ingo A.

    O.K. hoffe er hat seinen PKW schon abgegeben und fährt fleißig Fahrrad.Bei mehreren tausend Toten im Jahr dürfte das dann ja wohl keine Frage sein !

  • FA
    Florian Albrecht

    Wenn man bedenkt, wieviele Menschen im Straßenverkehr sterben, könnte man auch auf die Idee kommen, dass Autofahren ein inakzeptables Risiko mit sich bringt. Dennoch kommt niemand auf die Idee, hier mit Verboten anzusetzen.

     

    Schützenvereinen ist ein integrativer Charakter in einer immer anonymer werdenden Gesellschaft zuzusprechen. Sie verdienen Anerkennung und Förderung, keine Behinderung.