Kommentar Altersvorsorge: Falsche Freiheit
Es spricht alles dafür, Selbstständige ins System der Altersvorsorge einzubinden. Aber der jetzt eingeschlagene Weg ist der falsche.
I n den Vorstandsetagen der Versicherungskonzerne dürfte man sich derzeit ins Fäustchen lachen. Liefert die Bundesregierung den Unternehmen doch eine neue, zahlungskräftige Klientel frei Haus. Keine Missverständnisse: Es spricht alles dafür, Selbstständige in das System der Altersvorsorge einzubinden. Aber der jetzt eingeschlagene Weg ist der falsche.
Künftig müssen Freiberufler wählen zwischen einer Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) oder bei profitorientierten Unternehmen. Die Regierung erweist damit manch Einzelnem und der Gesellschaft einen Bärendienst. Die Privaten werden mit vermeintlich günstigen Beiträgen locken. Sie bestreiten aber auch nur die Altersvorsorge.
Eine Absicherung bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben wegen Krankheit oder Behinderung muss man sich dazukaufen. Das wird umso teurer, je labiler man gesundheitlich ist. Oder ganz unmöglich, weil die Privaten einen Vertrag verweigern. Die GRV hingegen bietet, mit Alters- und Erwerbsminderungsrenten oder Rehaleistungen, mehr Schutz. Sie wälzt auch nicht Einbrüche an den Kapitalmärkten auf die Versicherten ab.
ist Redakteurin für Soziales und Arbeitsmarkt im Inland der taz.
Mit ihrer Entscheidung schwächt die Bundesregierung die GRV und ihr Solidarprinzip: Besserverdienende Selbstständige müssen auch künftig nichts in die gesetzliche Kasse einzahlen und den sinnvollen Generationenpakt mitfinanzieren. Die GRV, das heißt deren Beitragszahler, müssen sich allein um die kümmern, die wenig Geld oder ein hohes Risiko haben, vorzeitig aus dem Beruf auszuscheiden.
Jetzt kann man nur hoffen, dass viele Freiberufler gegenüber den Privaten abwinken. Sei es, weil sie der Schönfärberei der Konzerne nicht trauen, sei es, weil sie solidarischer denken als Schwarz-Gelb.
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