piwik no script img

Kommentar AltersdiskriminierungEine Frage der Macht

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Der Kampf gegen die Altersbenachteiligung sollte gebündelt werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen aufgrund eines einzigen Merkmals ausgeschlossen werden.

S ich über Altersdiskriminierung zu beschweren, ist eine heikle Sache. Man kennt das von bejahrten Fernsehschauspielern, die den Jugendwahn bei der Rollenvergabe beklagen, sich aber in der Öffentlichkeit bevorzugt mit jungen Drittfrauen ablichten lassen. Die Klage über Altersdiskriminierung ist immer subjektiv eingefärbt. Auch Jüngere beschweren sich über Benachteiligung wegen ihres Alters, wenn sie im Betrieb am schnellen Aufstieg gehindert werden.

Altersdiskriminierung hat also viele Gesichter – und dazu gehört auch die positive Diskriminierung, etwa wenn allzu schrill die tollen Erfahrungen der Senioren gelobt werden, die doch so wichtig seien für die Firma – obwohl sie garantiert nicht mehr eingestellt würden, ständen sie erst mal draußen.

Der Kampf gegen die Benachteiligung aufgrund des Geburtsdatums sollte gebündelt werden. Wenn Menschen die Macht bekommen, andere aufgrund eines einzigen Merkmals, nämlich des Alters, auszuschließen, ist das nicht hinnehmbar. Diese Möglichkeit der vorschnellen Stereotypisierung muss eingeschränkt werden. Die Versuche in einigen Unternehmen, nur Bewerbungen ohne Altersangabe zu akzeptieren, gehen in die richtige Richtung. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ließ verlauten, dass sich das Verfahren als praktikabel erwiesen habe.

Bild: taz
BARBARA DRIBBUSCH

ist Redakteurin für Soziales im taz-Inland-Ressort.

Ebenso wichtig aber ist es, die Immunität gegen Altersdiskriminierung zu erhöhen. Besser Gebildete fürchten den Ausschluss vom Arbeitsmarkt in späten Jahren nicht so sehr wie Hauptschüler. Selbstständige fühlen sich ebenfalls sicherer: Sie stellen sich sozusagen selbst ein. Wer die Handlungshoheit behält, dem können Altersstereotype egal sein. Genau um diese Freiheit geht es. Letztlich spiegeln sich bei der Alterdiskriminierung altbekannte Machtverhältnisse wider.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!