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Kommentar AgrargipfelNichts als hehre Worte

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Laut der Abschlusserklärung des Berliner Agrarministergipfel sollen Subventionen für landwirtschaftliche Exporte abgebaut werden. Doch das sind nur Lippenbekenntnisse.

Das hört sich gut an: Beim Berliner Agrarministergipfel hat auch die deutsche Ressortchefin Ilse Aigner gefordert, die Subventionen für landwirtschaftliche Exporte abzubauen. So sollen Bauern aus Entwicklungsländern mehr Chancen auf dem Markt bekommen und der Hunger dort sinken. Doch das sind nur Lippenbekenntnisse - Deutschland und die meisten anderen Industrieländer unternehmen in der Praxis genau das Gegenteil.

Denn auf der gleichen Pressekonferenz, auf der Aigner die hehren Gipfelforderungen präsentierte, verteidigte sie die neuen Exportsubventionen der Europäischen Union für Milchprodukte. Ihr wichtigstes Argument dafür wirkt bestenfalls naiv. So sagt die frisch gebackene Ministerin, die EU subventioniere die Milch nur auf das Weltmarktniveau herunter. Damit meint sie: Wir verkaufen nicht zu Dumpingpreisen. Tatsächlich haben die Bauern in der EU aber schon durch all die anderen Subventionen, die sie bekommen, einen gewaltigen Wettbewerbsvorteil. Zudem ermöglichen die Beihilfen speziell für die Ausfuhr, dass das Angebot wächst und so der Weltmarktpreis fällt. Darunter leiden alle, aber besonders die Schwachen wie Minikooperativen in Entwicklungsländern.

Damit verbauen sich Aigner und Co auch den Weg zu ihrem Ziel, die Bauern in armen Staaten zu stärken. Gegen Billigmilchpulver aus Deutschland kommen etwa Landwirte in Sambia mit ihrer relativ ineffizienten Produktion nicht an. Außerdem fördert Aigners Ministerium aktiv, dass die deutschen Konkurrenten mehr exportieren. Es gibt viel Geld dafür aus, deutsche Agrarprodukte auf Messen im Ausland zu bewerben, es schließt Handelsverträge und öffnet weitere Märkte.

Wie sie trotzdem die Bauern im Süden fördern wollen, lassen die Minister weitgehend offen. Entwicklungsorganisationen wie Fian und Oxfam befürchten, dass die Deutschen vor allem auf die umweltschädliche Landwirtschaft mit Gentechnik, viel Dünger und Pestiziden setzen. Die Nähe von Aigners CSU zu den Interessen von Industrie und traditioneller Agrarlobby deutet darauf hin, dass sie recht behalten.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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