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Kommentar AfghanistanDie Drogen, der Staat und der Tod

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

In der Drogenpolitik fordert der Westen den afghanischen Präsidenten Karsai zum Durchgreifen auf. Das ist billig. Denkbar wäre auch die Produktion von Opium zu medizinischen Zwecken.

Rosenwasser und Rosinen: Nichts zeigen die Entwicklungshelfer in Afghanistan ihren Gästen lieber als die Früchte des Landes - die kein Mohn sind. Die Aufbauhelfer behaupten auch gern (aber fälschlich), dass Weizen so wenig Wasser brauche wie Mohn und dass man beim Getreideanbau im großen Stil vor dem Durchbruch stehe.

Wenn sie ehrlich sind, haben jedoch weder die Entwicklungshelfer noch die Isaf-Generäle eine Idee, wie Afghanistan aus der Narco-Ökonomie, aus der Spirale von Drogenanbau, Gewalt und Korruption herauszuholen ist. Nur so viel ist klar: Den einen, zackigen Befreiungsschlag - einfach die ganze Ernte aufkaufen, einfach abbrennen - gibt es nicht. Die internationale Gemeinschaft hat sich auch um den Mohn nicht früh genug gekümmert - so wenig wie um die Entwaffnung, die Einbindung der Taliban und so weiter. Afghanistan 2001, 2002, 2003: Der Westen hat das Maul zu voll genommen, und dann war die Korruption schneller. Recht billig ist es daher jetzt, wenn von US-Außenministerin Hillary Clinton bis Bundeskanzlerin Angela Merkel alle stets den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai zum Durchgreifen auffordern. Allzu schnell haben dieselben Amtsträger stets Vorschläge abgebügelt, die es verdient hätten, zumindest erprobt zu werden. Einer davon ist die Produktion von Opium zu medizinischen Zwecken - wie in Indien oder der Türkei. Weltweit krepieren unzählige Krebskranke unter größten Schmerzen, weil es kein günstiges Morphin für sie gibt. Könnte Helmand nicht auch dafür beackert werden? Und ist der Drogenhandel nicht auch ein Gesprächsthema für die UN und den Iran - mal statt Atom? Iran hat dank dem Stoff aus Afghanistan ein gigantisches Heroinproblem. Für eine regionale Lösung des Konflikts wird er ohnehin gebraucht. Hier bietet sich die Möglichkeit, das Land an seine eigenen Interessen zu erinnern.

Ohne einen funktionierenden afghanischen Staat aber wird gar nichts gehen. Und die deutschen Innenminister streiten weiter, ob sie nun jeder drei oder doch fünf Polizisten zur Polizeiausbildung an den Hindukusch entsenden können.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

3 Kommentare

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  • M
    Martin

    Polizisten zur Polizeiausbildung an den Hindukusch entsenden? Sollen die denn nicht neuerdings in Deutschland ausgebildet werden, Falschparker aufschreiben usw.?

  • P
    Puck

    Es sterben nicht tausende von Krebskranken unter Schmerzen, weil Morphium zu knapp bzw. zu teuer wäre, im Gegenteil, es ist sogar ausgesprochen billig.

    Der Grund für diesen tatsächli skandalösen Zustand liegt viel mehr darin, daß ein endloser Papierkrieg nötig ist, bevor ein Arzt überhaupt Morphium verabreichen darf.

    Das spricht natürlich nicht prinzipiell gegen einen legalen Anbau von Mohn in Afghanistan - nur eine Patentlösung ist das nicht.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Wo wird denn das ganze Rauschgift verbraucht? Warum?

    Würden die westlichen Länder mal ihre eigene sozialen Probleme anpacken,

    statt in der Weltgeschichte herum zu dilettieren würde sich einige Probleme von selbst erledigen. Aber wer verdient dann alles nicht mit?

    Auf jeden Fall gibt es wohl einen Riesenmarkt für Mohnprodukte.