Kommentar Affensterben: Artenschutz ist nicht kuschlig
Derzeit findet ein Massensterben statt - nicht nur die Affen sind gefährdet. Zum Artenschutz müsste die Forst- und Landwirtschaft ökologisiert werden.
Die Zahlen sind alarmierend: Knapp die Hälfte aller Affenarten ist vom Aussterben bedroht. Vor allem weil der Regenwald schwindet, geht es Schimpanse und Gorilla an den Kragen. Dabei gibt es so etwas wie ein Dschungelparadox: Das Entsetzen beim Artenschwund ist groß, die Tatkraft aber klein.
Nicht nur die Affen sind gefährdet. Derzeit findet ein Massensterben von Arten statt, Tiere und Pflanzen ertragen die Übergriffe des Menschen nicht mehr. Sicher, als Umweltminister Sigmar Gabriel vor wenigen Wochen zur UN-Weltnaturschutzkonferenz nach Bonn einlud, verkündeten die versammelten Staaten ein großes Aktionsprogramm. Um den Artenschwund bis 2010 zu stoppen, versprachen sie unter anderem einen erklecklichen Millionenbetrag. Mit dem Geld soll so manches schöne Stück Natur unter Schutz gestellt werden. Doch die Wirkung wird sich in Grenzen halten, weil so nur ein paar idyllische Inseln geschaffen werden.
Wer es mit dem Artenschutz wirklich ernst meint, der muss dafür sorgen, dass die Forst- und Landwirtschaft insgesamt ökologisiert werden und auch da Arten überleben können, wo der Mensch die Natur nutzt. Doch immer noch wird alle zwei Sekunden eine Fläche so groß wie ein Fußballfeld im Regenwald gerodet - die internationale Politik hat hier bislang versagt. Und auch die Bundesregierung schöpft ihre Mittel nicht aus: Derzeit gibt es kein Verbot für den Import von Möbeln, für die Holzkonzerne in Afrika Kahlschläge in Kauf nehmen, anstatt nur so viele Bäume zu schlagen, dass der Wald intakt bleibt. Es fehlen Vorschriften, damit hiesige Rinder nur noch regionales Futter bekommen statt Soja, das dort angebaut wurde, wo vor kurzem noch brasilianischer Regenwald wuchs. Und zum Dritten ist die Biodiesel-Politik verheerend, die Palmöl für den Tank fördert - und in Südostasien den Wald vernichtet.
Zumal den Profit internationale Konzerne einstreichen und nicht die Bevölkerung vor Ort. Im Gegenteil: Es fehlt ihnen die opulente Natur, aus der sie zuvor immerhin ein bescheidenes Einkommen bestreiten konnten. Artenschutz ist nicht kuschlig. Er ist entscheidend, um Armut zu bekämpfen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung