Kommentar Ächtung von Landminen: Obama und die Minen der Realpolitik
Die USA sind das einzige Nato-Land, dass seine Unterschrift unter den Ächtunsgvertrag für Landminen verweigert. Dabei könnte sich die USA gerade hier als Führungsnation profilieren.
Welcher Teufel reitet den künftigen Friedensnobelpreisträger Obama? Redet er nicht immer vom Wandel hin zu einer friedlichen Welt? Und wie leicht könnte er seine Wahlkampfversprechen nun umsetzen, wenn er die 10 Millionen Landminen verschrotten ließe, die in den USA lagern.
Doch stattdessen schlägt Obama einer früheren Nobelpreisträgerin ins Gesicht: der Internationalen Kampagne zur Beseitigung von Landminen. Das ist paradox. Denn die USA sind zwar das einzige Nato-Mitglied, das den Ächtungsvertrag nicht unterzeichnet hat. Doch seit das Abkommen vor zwölf Jahren ins Leben gerufen wurde, haben sie auch keine Minen mehr produziert oder eingesetzt. Im Gegenteil: Washington ist der weltweit größte Sponsor für Projekte zur Beseitigung der heimtückischen Waffen - seit 1993 mit 1,5 Milliarden Dollar.
Allein vergangenes Jahr wurden über 5.000 Menschen durch Landminen getötet, ein Drittel davon Kinder. Weltweit muss eine halbe Million Minenopfer versorgt werden. Auch den Amerikanern wird diese Bilanz vor Augen geführt - importiert aus Afghanistan. Entstellte Soldaten füllen die Betten im Militärhospital Washingtons, ihre Bilder in den Medien nähren den Widerstand der Bevölkerung gegen den Krieg. Warum nicht auch den des Präsidenten gegen Landminen?
Mit dem Abkommen, heißt es im offiziellen Statement, wären die USA nicht in der Lage, ihre Verteidigungsbedürfnisse zu erfüllen und ihre Sicherheitsverpflichtungen gegenüber Verbündeten einzuhalten. Israel etwa hat vor drei Jahren im Konflikt mit der Hisbollah im Libanon gezeigt, dass es nicht auf den Einsatz von Landminen verzichten mag. Es verweigert auch seine Unterschrift unter den Ächtungsvertrag. Anstatt sich bei den Nichtunterzeichnern China und Russland einzureihen, könnten die USA ein Signal setzen und sich als Führungsnation profilieren. Möglich jedoch, dass Obama gerade diese Länder als Verbündete in spe nicht vergrätzen will - Verbündete gegen den Iran etwa.
"Im Verteidigungsfall betrachten wir es als falsch, wenn wir uns zwischen unserer Sicherheit und unseren Idealen entscheiden müssen." Wenige Tage bevor er den Friedensnobelpreis entgegennimmt, sollte jemand den Präsidenten an diesen Satz aus seiner Antrittsrede erinnern. Amerikas neues Gesicht könnte sich sonst leicht in eine Fratze verwandeln.
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