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Kommentar Abgasskandal bei VWDer Betrug war Strategie

Kommentar von Ulrike Fokken

VW hat Shareholder und Stakeholder verarscht. Das war möglich, weil Landes- und Bundesregierungen den Konzern gehätschelt haben.

Politik und Autoindustrie, das geht ganz gut: Merkel und Winterkorn auf einer Messe 2007 Foto: dpa

N atürlich war Martin Winterkorn nicht mehr der richtige Mann an der Spitze, sein Rücktritt am späten Mittwochnachmittag notwendig. Nur ohne ihn kann sich Volkswagen jetzt als demokratisches Unternehmen neu definieren. Nur mit neuem Personal besteht die Chance, dass nun Gesetze geachtet werden. Das Abgas-Gate zeigt ja, dass die patriarchalen Strukturen im VW-Konzern bislang ein vordemokratisches Denken befördert haben.

Winterkorn, seine Mitstreiter in Vorstand und Management haben sich über die Gesetze zum Umwelt- und Klimaschutz gestellt. In dieser Denke sind Stickoxide und Feinstaub etwas für Weicheier, Klimaschutz eine Kann-Bestimmung, die Erderwärmung eine These und der Umweltschutz die Spinneritis von Gutmenschen.

VW verletzt mit der betrügerischen Manipulation der Motoren in elf Millionen Dieselautos auch alle guten Regeln des unternehmerischen Umgangs mit Zulieferern, Händlern, Kunden und Aktionären. Auf gut Deutsch: VW hat Shareholder und Stakeholder verarscht. Diese Mentalität war möglich, weil Landes- und Bundesregierungen VW gehätschelt haben.

Ob SPD-Mann Gerd Schröder oder Kanzlerin Angela Merkel – alle Politiker haben ihre Hand über die deutsche Autoindustrie gehalten. Sie haben die EU-Grenzwerte für den CO2-Ausstoß verwässert und die Einführung klimafreundlicher Kühlmittel verschleppt, damit die Konzerne weiterhin Limousinen und SUVs bauen können. Ansinnen für ein klimapolitisch gebotenes Tempolimit blocken SPD und CDU/CSU ab, damit Deutschland Teststrecke für diese Autos bleibt.

Der Betrug war bei VW ein Teil der Strategie, die sich hinter dem Slogan „VW – Das Auto“ verbirgt. Der Konzern hat damit die Maschine vereinnahmt, die wie kein anderes technisches Gerät die Menschheit prägt. Jetzt ist es an der Zeit zu zeigen, dass die dahinter liegende Story auch für das 21. Jahrhundert taugt. Volkswagen muss zeigen, wie Das Auto sich im Klimawandel bewährt.

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16 Kommentare

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  • Ach was, die "bösen Politiker" hätten alles getan damit die Konzerne "weiter Limousinen und SUVs" bauen können - nun WAS sollten die Konzerne sonst bauen - etwa nur noch Coupes & Cabriolets?

    Denn Autos soll ja zumindest VW weiterbauen, denn "Volkswagen muss zeigen, wie das Auto sich im Klimawandel bewährt"...immerhin! Denn anderswo predigen Sie ja verzicht aufs Auto an sich - auch elektrische...

    Sorry bei manchen - durchaus auch Kritikern des Auto - verspürt man das die was zu sagen haben, bei Ihren unausgegorenen, widersprüchlichen Artikeln scheint mir das zu fehlen!

  • Ein DEUTSCHER Betrieb sollte sich nicht wundern, wenn im (Handels-)Feindesland im Kapitalismus scharf auf den Gegner geschossen wird.

    Die USA kritisieren die BRD seit Jahren für ihren Exportüberschuss und werden sich nichts entgehen lassen, die stumpfsinnige Austeritätspolitik der BRD zu strafen.

    Über die Schädigung des Images der Industrien aus dem Land, dass eine so dämliche Regierung und so dämliche Manager hat, geht das gut.

    Und hoffentlich auch erfolgreich. Für die Bewohner in der BRD kann es nix besseres geben wie die Ankurbelung der Binnennachfrage. Das würde mehr Lohn und mehr Sozialleistungen erfordern.

     

    Dass allerdings irgendwelche demokratischen Strukturen in kapitalistischen Betrieben durch Auswechseln des Führungspersonals entstehen würden, glaubt der Autor hoffentlich nicht wirklich.

    Das Schönste, was passieren könnte, wäre eine verheerende Pleite für VW durch Produkthaftungsklagen mit Aber und Abermrd, die den Konzern in die Krise treiben würden. Dann könnte der Bund einspringen, indem er den Mitarbeitern Kredite vermittelt, die zum Aufkauf des Konzerns durch die Mitarbeiter nötig wären.

    DANN könnte daraus was demokratischeres als jetzt werden.

  • Die betrügerisch staatliche Abwrackprämie, Umweltprämie genannt, sollte zurück gefordert und an Fahrradfaher verteilt werden.

    Denn es sind die Lungen der Fahrradfahrer, Fußgänger die die Stadtluft reinigen während in einigen KfZ Filteranlagen eingebaut sind.

    Über 90% der Feinstäube bleiben in den Lungen. Siehe Analysen Fraunhofer.

    Mir absolut unverständlich das es immer noch Jogger direkt an Straßen gibt.

  • Was wird hier eingeläutet? Soll hier scheibchenweise schmackhaft gemacht werden, daß demnächst auch noch VW aus der Staatskasse für die entstehenden Verluste entschädigt werden muß, weil ja die Regierung bescheid wußte und untätig blieb?

  • Schwarze Luft der Frühe wir atmen sie abends

    wir atmen sie mittags und morgens wir atmen sie nachts

    wir atmen und atmen...

  • Die Manipulationsvorwürfe dürften seit Jahren global bekannt sein.

     

    Die USA ist nicht dafür bekannt das sie große Umweltschützer sind.

    Im Gegeteil, Umweltaktivisten werden wie Terroristen behandelt, Fraking verseucht fast die gesamte Grundwasserversorgung der USA wie inzwischen analysiert wurde!

    Die USA besitzt mit die größte militärische Flotte der Welt.

    Diese gesamte Flotte verbraucht, soweit gelesen, an einem Tag soviel Rohöl wie Schweden in einem Jahr.

     

    Wird in den globalen Bilanzen auch die gesamten Umweltschadstoffe des Militärs aller Länder mitgerechnet?

    Wieviel Militär bewegt sich in Deutschland/Europa und verpestet die Luft?

    Ich behaupte einmal das das Militär Altöl und andere energiereiche Stoffe minimalst aufarbeitet und weiter benutzt.

    Analog Bunkeröl, mit dem Unterscheid das sie vermutlich Hydraulik Öl welches hochgiftig ist, verbrennen. TCP

    Siehe auch "Pilot Richard Westgate"

     

    Ich hoffe das die Autobauer endlich den Startschuss für alternative Energieantriebe erhalten.

    "How killed the electric Car"

  • "Der Betrug war Strategie

    VW hat Shareholder und Stakeholder verarscht. Das war möglich, weil ..."

     

    Oder auch schön :

    "Kapitalismus in Höchstform . Wie die Menschheit sich selbst verarscht ."

  • Der Betrug war Strategie

     

    Ah - nääh! Sach an!

    Dascha was gaanz - Orijinelles!

    In echt - Bring noch so einen!

     

    ("Geh ins Bett -

    Besseren Witz machste heute nich mehr!"

    (ming Mouder:))

    • @Lowandorder:

      Wie wäre es mit Nachsicht, liebe Lowandorder?

       

      Wahrscheinlich muss man einfach westdeutsch sozialisiert sein um zu glauben, dass sich Volkswagen jetzt, wo Martin Winterkorn gegangen ist, "als demokratisches Unternehmen neu definieren" kann. So blind sind sonst nur in der Wolle gefärbte Katholiken – und sogar da ist so viel als Optimismus getarnte Blindheit selten.

       

      Ich weiß nicht, wie viel Autobauer es gibt. Aber ich weiß, dass jeder einzelne dabon ganz unbedingt der größte werden will. Und dabei hilft es leider ungemein, wenn man die Demokratie, den Umweltschutz und anderes "Gedöns" nicht unbedingt besonders wichtig nimmt – außer in seinen Hochglanzwerbeblättern.

       

      Es ist ja wahr: Alle Politiker, die was zu sagen haben, haben die Hand gehalten über deutsche Autobauer. So lange die als internationale Aushängeschilder der nationalen Arbeit der Politiker fungieren können, sind sie ja schließlich gut genug. Auch, wenn sie neuzeitliche Spitzentechnik mit steinzeitlichem Führungsdenken kombiniert haben. Das machen die Politiker ja schließlich auch nicht anders. Und meistens kommen sie ganz prima damit durch beim Volk, das ziemlich ähnlich "tickt". Und zwar nicht nur auf deutsch.

       

      Neu ist das alles nicht. Nur leider auch nicht wirklich komisch.

  • Mir scheint ich wüsste da ein gutes Beispiel die diese Annahme recht plausibel wirken lässt. GM hat erst letzte Woche Donnerstag ein Verfahren mit der Zahlung von 900Mio Dollar beenden können. Das Unternehmen hatte wissentlich fehlerhafte Zündungen verbaut. Durch deren Versagen starben im Laufe der Jahre nachweislich min. 128 Menschen. Dementsprechend hat man wohl damit gerechnet das man bei der Manipulation von Abgaswerten, wohl glimpflich davon kommen würde sollte das jemals aufgedeckt werden. Solche Gesetzesüberschreitungen einzukalkulieren ist unternehmerischer Standard. Womit ich jetzt, an der Stelle angekommen bin bei der ich mich dem Leserkommentar anschließe, denn der Kommentar von Fokken, spuckt eine seltsame These nach der anderen aus. Das VW Aktionäre verarscht hätte kann man kaum sagen, so etwas gehört wie bereits erwähnt zur üblichen Gewinnmaximierung. Begünstigt wird das durch die Händler, wollen ein anpreisbares Produkt, und die Aktionäre, die hätten gerne möglichst stark steigende Kurse und ein paar Dividenden. Wie normal das ist kann man schon allein daran erkennen, dass das zum Zweck der automatischen Performanceoptimierung bei Tests angepasste Bauteil eigentlich von Bosch produziert und entwickelt wird, welche eben nicht nur Unternehmen der VW Familie damit belieferte. Das Zulieferer verarscht wurden, wirkt dadurch auch nicht allzu plausibel. Warum man mit klimaschädlicher Gewinnoptimierung gleich den Klimawandel leugnet will mir auch nicht ganz einleuchten. Anzuführen dass dieses "Abgas Gate" ein Beweis patriarchaler Strukturen und undemokratischer Strukturen sei, ist auf so vielen Ebenen widersinnig, dass ich meine emotionale Reaktion auf diese Zeile, in der zentralen Figur, im Bild "Das Geschrei" von Munch gut getroffen finde.

  • mit geraubtem geld, auf kosten von arbeitssklaven, die nicht selten ihr leben verloren, so entstand hitlers stolz, die fabrik des kdf-wagens. und nach 45 wurde sie nicht eingeebnet. jetzt wäre ein passender zeitpunkt. aber auf diesem acker würde nichts gedeihen...

    • @Gion :

      Exakt. Das Prinzip der industriellen Produktion von Vernichtung, das Prinzip der Selektion, darauf hat das 20. Jahrhundert keine Antwort gefunden. Und wir gehen in das 21. Jahrhundert. Vielleicht würde es uns helfen, wenn wir das Ganze mit dem Begriff der Gouvernementalität analysieren würden und dem Spätwerk Foucaults, "Der Wille zum Wissen", "Der Gebrauch der Lüste", "Die Sorge um sich". Der Betrug von VW ist kein Betrug, er ist ein Menetekel. Aber das Evangelium der Lebensfreude verträgt wahrscheinlich keine Analyse ihrer Lebenslügen.

  • "Ansinnen für ein klimapolitisch gebotenes Tempolimit blocken SPD und CDU/CSU ab, damit Deutschland Teststrecke für diese Autos bleibt."

     

    Gibt es für diese kühne Aussage auch Belege? Ich bin es schon gewohnt, dass bei jeder Gelegenheit nach einem Tempolimit verlangt wird, aber leider wirkt es so albern wie die Rufe nach einer Vorratsdatenspeicherung, die verschiedene Politiker gern bei jeder noch so lächerlichen Gelegenheit vorbringen.

     

    Die Behauptung im Leadin ist ebenfalls haltlos. Man möge doch bitte den Zusammenhang zwischen der hiesigen Politik und den Behörden in de USA erklären. Warum sollte VW glauben, sich in den USA nicht an Gesetze halten zu müssen, nur weil sie hier angeblich gehätschelt werden?

    • @Dennis Hansen:

      Auch wenn die politische Handhabe und die laxen gesetzlichen Bestimmungen im Bereich der Abgaswerte alles andere als akzeptabel sind, finde ich die These, dass unternehmerischer Betrug erst durch nachlässige Gesetzgebung möglich geworden wäre, deutlich zu steil und dann kommt am Ende noch der Kracher schlechthin: Der Slogan VW Das Auto beweist, dass Betrug Teil der Unternehmensstrategie war. Nicht dass ich die Unternehmensstrategie als auf strikte Einhaltung gesetzlicher Regelungen ausgerichtet beschreiben wollen würde, aber diese "Herleitung" vom Slogan ist schon ziemlich konfus^^. VW hat damit sicherlich etwas vereinnahmt aber das ist das Auto und nicht VW die Maschine. Der Artikel ist wirklich nichts für "Weicheier", eher für Hartgessottene. Dem der noch nichts davon gelesen hat sei empfohlen, Stahlhelm auf und ab durchs Thesengewitter.

    • @Dennis Hansen:

      Also ich kann jeden Tag auf der Autobahn belegen, dass ein gemäßigtes Tempo um die 110 bis 130 km/h deutlich kraftstoffsparender ist, als eine schnellere "stop and go" Fahrweise.

       

      Ich bin allerdings trotzdem nicht für ein Tempolimit, soll jeder für sich entscheiden. Lediglich ein Limit für diese "Transporter-Zeitbomben" (der klassische Umzug-Sprinter) wäre mehr als Angebracht. Aber nicht aus Sicht der Umweltschützer, sondern aus Sicht der übrigen Verkehrsteilnehmer.

  • Das sollte in JEDEM Artikel über diesen Skandal stehen: Die hiesige (Volksparteien-)-Politik steckt im Skandal voll mit drin, direkt oder indirekt, seit langem.