Kommentar 30-Stunden-Woche: Ein Konzept nur für Mutige
Die 30-Stunden-Woche für junge Eltern ist eine schlaue Konstruktion. Um sie aufzubauen, müsste allerdings erstmal investiert werden.
D a hat Andrea Nahles etwas Schönes gesagt. Junge Eltern sollen nur 30 Stunden arbeiten müssen, damit sie nebenher noch Zeit für ihre Kinder haben. Eine ehrenwerte Forderung nach dem Sechsstundentag, die der SPD natürlich gut steht. Und wofür eine Menge spricht.
Männer könnten künftig ihren Teilzeit arbeitenden Frauen zur Seite stehen. Kinder könnten den Alltag auch mit ihrem Vater leben. Die Eltern könnten ernsthaft anfangen, die Hausarbeit gleichmäßig zu verteilen. Arbeitgeber müssten umdenken: Ein Teilzeitjob wäre etwas Normales und kein Karrierehemmnis. Die Unternehmen werden in diese Richtung denken, denn sie werden in Zukunft um Arbeitskräfte buhlen müssen. Und so mancher junge Vater wird sich genau anschauen, ob ein Familienleben in dieser Firma vorgesehen ist.
Damit Eltern sich das auch leisten können, muss allerdings ein Lohnausgleich eingeplant werden. Denn weniger zu arbeiten ist schön, weniger Geld zu haben nicht. Derzeit verlängern junge Väter ihre Arbeitszeit nach der Geburt eines Kindes. Sie brauchen das Einkommen. Zwei Teilzeitverdiener reichen oft nicht aus, um eine Familie über die Runden zu bringen.
ist Redakteurin im Inlandsressort der taz.
Nahles möchte ein paralleles Konzept zum sogenannten Hamburger Modell der Krankenkassen entwickeln: Die Kasse zahlt nach einer längeren Krankheit weiter Krankengeld, während der Rekonvaleszent langsam stundenweise wieder in den Beruf einsteigt. Das Modell lohnt sich für die Kassen, weil es weniger Rückfälle gibt, für die sie wieder lange zahlen müssten. Genauso könnte sich eine staatliche Subvention der Teilzeit rentieren: Frauen stiegen nicht mehr aus dem Beruf aus, erlitten keinen Karriereknick und zahlten deshalb insgesamt mehr Steuern.
Das könnte eine schlaue Konstruktion sein. Man muss allerdings den Mut haben, erst einmal zu investieren. Und genau der ist bei der derzeitigen Kassenlage schwer aufzubringen – auch in der SPD.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wohnungslosigkeit im Winter
Krankenhaus schiebt Obdachlosen in die Kälte