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Kolumne WutbürgerGroßes Getöse im Garten

Kolumne
von Isabel Lott

In der Stadt, auf dem Land – überall testosterongesteuerte Hobbygärtner. Unter 110 Dezibel macht sich ja niemand mehr an die Arbeit.

Was ist nur aus der guten alten leisen Schubkarre geworden? Bild: dpa

D er technische Fortschritt vermiest mir den Sommer. Jeder störende Grashalm muss heute von einem Kantenschneider niedergemacht werden, und obwohl diese Turbo- oder Rasentrimmer einen infernalischen Lärm verursachen, werden sie überall eingesetzt. In der Stadt terrorisieren mich damit die Mitarbeiter vom Grünflächenamt. Für kleinste Grasbüschel werfen sie am frühen Morgen ihre Höllenmaschine an und mich damit aus dem Bett.

Die Frage, ob sie es mal mit Handarbeit versuchen wollen, brauche ich nicht zu stellen. Dafür ist es zu laut. Fahre ich aufs Land, erwarten mich dort testosterongesteuerte Hobbygärtner. Unter dem Vorwand, sich über Halme zu ärgern, die auch nach dem Mähen noch stehen, leben sie ihre Männlichkeitsfantasien aus. Und das für knapp hundert Euro

So viel kosten die kleinen Helfer, die es ihnen ermöglichen, ihre Potenz zu beweisen. In der Gewissheit: Ich habe den lautesten, brettern sie mit bis zu 110 Dezibel brutalen Maschinen über ihre Rasen. Leise Geräte gelten in der Branche als unverkäuflich, denn laut klingt für die Kunden nach Leistung.

Wutbürger

Hier wütet Isabel Lott – künftig im Wechsel mit Franziska Seyboldt, die mit Gegenständen spricht.

Bei 110 Dezibel ist eigentlich die Schmerzgrenze erreicht. Doch leider nur für mich. Der Held der Rasenkante trägt natürlich Lärmschutz und ist auch sonst sehr sensibel. Wie ich einem Testbericht entnehmen konnte, behaupten Käufer, sie bräuchten dieses Gerät, damit sie sich mit der Gartenschere keine Blasen an den Händen holen. Und niemand hält sie auf. Hinter dem Mann im Garten muss eine starke Lobbygruppe stehen. Für ihn gibt es, anders als für Kinder, Kneipen und Clubs, keine Lärmschutzregel, solange er seinen Kantenschneider ab 20 Uhr in den Schuppen stellt.

Auf den Herbst brauche ich nicht zu hoffen. Sobald das erste Laub fällt, stehen sie wieder breitbeinig mit ihrem Rohr im Grünen und blasen unter großem Getöse das Laub weg.

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