Kolumne Wortklauberei: Durch den Laberwolf
Ist die Causa Wulff etwa schon medial ausdiskutiert? Und warum polarisiert Carsten Maschmeyer nur derart heftig?
J etzt sein S’ mir nicht bös – ich muss noch mal mit dem Bundespräsidenten anfangen. Ich fand’s ja hart aber fair von Günther Jauch, dass bei ihm Sonntag nicht noch mal über Christian Wulff diskutiert wurde.
Ich weiß nicht: War die Angelegenheit Ihrer Ansicht nach etwa schon ausdiskutiert? Hätte man da nicht noch mal eine hochkarätige Runde zusammensetzen können, die sich die ganze Causa noch mal anschaut und durch den Laberwolf dreht, so im neuen Lichte respektive im Spiegel der Wahl von Joachim Gauck?
Einmal mehr Peter Hintze berichten lassen, wie’s ihm so geht und wie er Wulff grad so findet? Heinz-Rudolf Kunze erzählt ein paar berührende Anekdoten aus dem Hannoveraner Kumpelnest, zur Würze noch ein bisschen was Moralisch-Philosophisches von Giovanni Di Lorenzo … Ich denke, da wär schon noch was gegangen. Aber nun gut.
Josef Winkler ist Autor der taz.
Dafür wird bei Maischberger gerade über Carsten Maschmeyer geredet, hier im Beisein des Subjektes der Diskussion, das sich augenscheinlich ein Stück Teppichboden auf die Birne hat tackern lassen – wie viele Millionen aus den Taschen geprellter Anleger das schon wieder gekostet hat, möchte man gar nicht wissen.
Es geht um die Frage, warum Maschmeyer derartig „polarisiert“ – was in solchen Zusammenhängen ja immer nett ausgedrückt ist für „ein Großteil der Bevölkerung hält ihn mit einigem Recht für ein komplettes Vollarschloch“. Und ich sag’s mal so: Ich fühle mich auch gerade heftig polarisiert vom Auftreten und der Erscheinung dieses Herrn. Eine wirklich sehr stark, nachgerade betäubend polarisierende Präsenz.
Apropos: Alexander Dobrindt. Den Generalsekretär der CSU find ich ja den allerpolarisierendsten Neo-Hornbrillenträger überhaupt – sogar noch eine Spur polarisierender als Guido Westerwelle. Und er sagt gern Sätze, die man sich langsam auf der Hirnrinde zergehen lassen muss, um ihr ganzes, nun, polarisierendes Potenzial zu erschmecken. So wie letztens, als berichtet wurde, dass Beate Klarsfeld für ihre Kiesinger-Ohrfeige seinerzeit 2.000 Mark von der SED bekommen haben soll: „Früher SED-Marionette und heute Linkspartei-Kandidatin – darin liegt die ganze Verachtung der Linkskommunisten für unsere Demokratie und unseren freiheitlichen Staat.“
Sicherlich, das ist der brunzblödeste Scharfmacher-Dreck seit … keine Ahnung, seit der vorletzten Äußerung von Alexander Dobrindt, aber man kommt doch ins Nachdenken: Was müsste man wohl springen lassen, damit jemand dem Dobrindt mal eine semmelt? Aber klar: Solche Überlegungen sind wohl heutzutage „nicht mehr zeitgemäß“.
Neulich habe ich Post von der Bahn bekommen, die mitteilte, das Angebot der Bahncard zum vergünstigten Journalistenpreis laufe demnächst aus, weil es „nicht mehr zeitgemäß“ sei. Also so gesagt: Wenn ich auf was keinen Bock mehr hab, dann ist es nicht mehr zeitgemäß – fertig. Mal sehen, ob ich damit meine kleine Tochter beeindrucken kann. „Kind, hör jetzt auf, ständig die Küchenschubladen auszuräumen und das Gelump in der Wohnung zu verteilen! Das ist schlicht nicht mehr zeitgemäß!“ Es scheint ihr wurscht.
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