piwik no script img

Kolumne So nichtPetition gegen Rotznasenhochzieher

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

Die Bahn schafft die Vollkornschnitte ab. Aber unternimmt nichts gegen Rotznasehochzieher. Da muss dringend was getan werden.

Selbst der kleinste Junge weiß, wozu Taschentücher gut sind Foto: imago/Westend61

E rst wenn in allen Chefetagen und an allen Bartheken Gleichheit, in allen U-Bahnen Beinfreiheit herrscht und Mansplaining wieder ein Fremdwort geworden ist, dann erst werden wir merken, dass es noch etwas gibt, was wir vergessen haben: erwachsene Männer, die in aller Öffentlichkeit ihre Rotznase alle 20 Sekunden lautstark bis Oberkante Nasennebenhöhle hochziehen.

Sollte es in nächster Zeit zu einer längeren Gefechtspause im Kampf um die Geschlechtergerechtigkeit kommen, wird nur ein einziges Geräusch die Stille durchbrechen: Chrchrchrch. Wände werden wackeln, Nerven werden angesägt und Seelen werden erschüttert werden. Denn wir alle haben nichts getan, um die letzte Insel männlicher Ignoranz zu stürmen. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Mitglied dieses Clubs kann nicht werden, wer in einer absoluten Notlage steckt – die Nase läuft, kein Taschentuch nirgends.

Mitglied dieses Clubs werden ausschließlich solche Männer, die der Spezies angehören, die sich von Mama oder Frau die Socken und Unterhosen rauslegen lässt. Dieselbe Mama oder Frau, die immer, wenn es brenzlig wird, ein Taschentuch aus der Handtasche zieht, um ihrem Kleinen Mund und Näschen zu säubern.

Rotznasenhochzieher-Hochsaison

In der Jahreszeit Herbst/Winter hat diese Spezies Hochsaison. Überall kann man sie zur Zeit vortrefflich beobachten. Am liebsten halten sie sich in öffentlichen Verkehrsmitteln auf. Noch näher aber kommt man ihnen auf längeren Strecken in der Deutschen Bahn. Hier lassen sich Rotznasehochzieher hautnah erleben.

Bei manchen von ihnen hat man den Eindruck, sie würden den Schleimsack gern auch noch weiter hochziehen, als sie es tun, allein der Knochenbau verhindert, dass der Matsch direkt in den Hypothalamus flutscht. Dieser Spezies ein Taschentuch anzubieten, erfordert ungefähr so viel Überwindung wie jemandem zu sagen, dass er aus dem Mund riecht.

Denn es ist ja klar, dass diese Spezies einfach aufs Bahn-WC gehen müsste, um den Schleimbeutel loszuwerden, den sie stundenlang in der Nase hoch- und runterschaukeln.

Manssnuffling

Dass diese letzte Domäne der Männer noch existiert, ist trotzdem ein Wunder. Denn im Vergleich zu bezahlbarem Wohnraum ist das Taschentuch ja weder Mangel- noch Bückware. Dass sie dennoch eine Weile überleben wird, davon muss man ausgehen. Denn anders als #MeToo oder Mansplaining hat diese Domäne ja noch nicht mal einen Namen. Jedenfalls ist mir bisher keiner bekannt. Wie wäre es mit Mansnuffling?

Hm. Na ja. Kennen Sie einen besseren? Schreiben Sie mir ein Wort, das das Phänomen mega trifft und ich stelle sie in der nächsten Kolumne zur Abstimmung. Wir wollen uns doch nicht nachsagen lassen, wir hätten nur zugeguckt und nichts getan.

Wo wir schon mal dabei sind: Die Deutsche Bahn hat in ihrem Bordbistro zum 1. Dezember die Vollkornschnitte abgeschafft. Kann da bitte jemand eine Petition aufsetzen? Vorschlag für einen Name hätt’ ich schon: Stullensturm.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Danke!

    Außerdem würde ich wetten, dass Schnäuzer gegenüber Hochziehern die weniger infektiösen Hände haben...

  • Klar - “Auf der Alster schwimmt‘n Qualster - auf der Elbe bald dasselbe.“

    Doch - „…nur ungern nimmt der Handelsmann - statt baren Geldes -



    Mundstuhl an.“

    kurz - Volkers Mund tut Wahrheit kund



    ”…Mitglied dieses Clubs werden ausschließlich solche Männer, die der Spezies angehören, die sich von Mama oder Frau die Socken und Unterhosen rauslegen lässt. Dieselbe Mama oder Frau, die immer, wenn es brenzlig wird, ein Taschentuch aus der Handtasche zieht, um ihrem Kleinen Mund und Näschen zu säubern.…“;))

    Jau & Doris Akrap wieder mal.



    So wunder&bar - & So genderneutral.;)

    & sodele “…& Alle!“



    |: “The drunken choir wie‘hert.



    Jau. Alles selbstser‘vie‘ert.“ :|

    & - bedankt - ;) Chr’oozverdorri& Ohwei



    Wir bewundern wieder mal. Sojet fei -Dressurstück vande grii Spießermoral.



    Normal.

  • Rotztöffel.

  • Rein medizinisch-anatomisch ist das Hochziehen des Nasensekrets viel, viel, viel gesünder als Ausschnauben. Der Unterdruck entlastet die Nasennebenhöhlen, das Sekret kann über den Rachen ablaufen und runtergeschluckt werden.

    Vielleicht hat sich unsere Kultur mit dem Schnauben etwas falsches angewöhnt. Der Autorin sei diese Wissenslücke verziehen, Hauptsache über die Männer aufregen ...

    • @TazTiz:

      Stimmt. Das ich mir vom HNO-Arzt bei nem Jüngsten - auch anhören muß.

      Der "Charlottenburger“ - nicht der Weisheit letzter Schluß!";))

      unterm---dennoch wiedermal ein Tusch



      Für seine Kari - “Ewig Taschentuch" *¡*



      Geht klar - auf den ollen Busch.!;))



      & sag i di -



      “Chr'ooottzzzverdorrrri!;))"