Kolumne Right Trash: „Permanenter Alarmismus“

Stimmungsmache gegen Migranten und Linke: Seit dieser Woche mischt das österreichische „unzensuriert“ in der deutschen, rechten Onlineblase mit.

Auf einem Laptop ist in roter Schrift auf schwarzem Hintergrund das Wort „Alarm“ zu sehen

Bei „unzensuriert“ stehen die Signale ständig auf Alarmrot Foto: dpa

Die Themenmischung ist schon mal einschlägig. Um „Genderwahn“ und „Migrantenkriminalität“ geht es, ruft man den Webseiten-Neuling von „unzensuriert“ auf. Um den jüngsten Auftritt von Thilo Sarrazin in Baden-Württemberg („sorgte für Heiterkeit“) und darum, wie die Grünen angeblich „noch mehr Zuwanderer anlocken“ wollen.

Die rechte Onlineblase in Deutschland bekommt Verstärkung: Seit dieser Woche ist hierzulande nun auch das Internetportal „unzensuriert“ am Start. In Österreich veröffentlicht dieses schon seit Jahren ähnliche Schlagzeilen, gehört zu den Stammmedien rechter Leserschaften – und steht, folgerichtig, den Rechtspopulisten der FPÖ zur Seite.

Hierzulande ist die rechte Onlineblase eigentlich schon gut bestückt. Pi News tummelt sich dort, das Compact Magazin, Sezession oder die Junge Freiheit. Zuletzt hatten auch das US-Rechtsaußenportal „Breitbart“ einen deutschen Ableger angekündigt. „Unzensuriert“ kommt dem nun zuvor.

In Deutschland gebe es eben „ein großes Interesse an Medien abseits des Mainstreams“, sagte Geschäftsführer Walter Asperl der taz. Nun wolle man sich „mit der bekannten Marke ‚unzensuriert‘ spezieller mit der deutschen Innenpolitik beschäftigen.“ Der Ableger werde von den rund 25 ehrenamtlichen Mitarbeitern mitbetreut.

Auch Asperls Hintergrund ist einschlägig: Er ist Referent für den Parlamentsklub der FPÖ. Das passt ins Bild. Die Österreichische Zeitschrift „Profil“ lieferte Ende 2016 eine Analyse von „unzensuriert“. In den 124 untersuchten Artikeln, die dort innerhalb von zwei Wochen veröffentlicht wurden, sei die FPÖ kein einziges Mal schlecht weggekommen, so das Fazit. In jedem fünften Artikel wurde dagegen gegen Migranten ausgeteilt. Als „Feindbilder“ folgten Medien, Linke und Flüchtlinge. Ein „permanenter Alarmismus“ herrsche bei „unzensuriert“, stellte „Profil“ fest. „Auf dem rechten Portal ist kein Platz für Differenzierung und Reflexion.“

Wie lebt es sich in der rechten Filterblase, wenn Medien pauschal als "Lügenpresse" diffamiert werden und nur noch die Fakten zählen, die ins eigene Weltbild passen? Das fragt sich ein Team von taz-AutorInnen. Wir lesen mit, schreiben zurück oder beobachten einfach nur. Right Trash – seit Februar regelmäßig auf taz.de.

Auch Stefan Lauer von „Belltower News“, die rechte Aktivitäten im Internet beobachten, sieht bei „unzensuriert“ einen „klaren rechtspopulistischen Einschlag“. Schon jetzt komme die Hälfte des Traffics des Portals aus Deutschland. „Von daher kommt die Expansion nicht überraschend“, sagt Lauer. Ob sich „unzensuriert“ aber durchsetzt, bleibe offen. „Die Konkurrenz ist ja schon stark.“ Klar jedenfalls werde, so Lauer: Rechte Medien setzten offensichtlich große Hoffnung auf den Standort Deutschland.

Dass „unzensuriert“ ausgerechnet ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl in Deutschland startet, dürfte kein Zufall sein. Auffällig jedenfalls: Schon jetzt tummeln sich viele Artikel rund um die AfD, die sich als Politschwester der FPÖ sieht, auf der Seite. Präsentiert wird etwa ein Acht-Punkte-Papier der Partei für eine russlandfreundlichere Politik oder eine „Kunstaktion“ der AfD in Dresden. Beklagt wird dagegen, dass sich Philipp Lahm, früherer Kapitän der Fußballnationalmannschaft, kritisch über die Partei äußerte. Von unabhängiger Berichterstattung bleibt hier nichts mehr. Offen preist „unzensuriert“ in dem Artikel die AfD: Diese lasse sich „als einzige Partei Deutschlands nicht von aufoktroyiert gutmenschlicher Gesinnung der Politik und der Medien beeinflussen“.

Will hier jemand als Wahlhelfer einsteigen? „Unzensuriert“-Geschäftsführer Asperl macht aus der Nähe zur AfD keinen Hehl. Die eigene „Blattlinie“ verstehe er als „kritisch“, aber auch „selbstverständlich parteilich“. In diesem Sinne, so Asperl, sei auch das Verhältnis zur AfD zu sehen.

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Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort, seit 2014. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Bis 2014 vier Jahre lang Teil des Berlin-Ressorts der taz. Studium der Publizistik und Soziologie.

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