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Kolumne „Psycho“Im Urlaub mit der Unzulänglichkeit

Die Angst vor dem Kofferpacken ist eine weit verbreitete Krankheit. Es spricht nur niemand darüber. Dafür ist die Scham einfach zu groß.

Da liegt er jetzt ganz friedlich auf dem Gepäckband, aber bis das so weit war… Foto: imago

E rinnern Sie sich noch an das Kinderspiel „Ich packe meinen Koffer und nehme mit …“? Ich packe meinen Koffer und nehme mit: mein Fahrrad. Ich packe meinen Koffer und nehme mit: mein Fahrrad und ein Nudelholz. Ich packe meinen Koffer und nehme mit: mein Fahrrad, ein Nudelholz und meine Mama.

Niemals, wirklich niemals hat irgendjemand aufgezählt, dass er sieben Unterhosen mitnimmt, drei Paar Schuhe und Rei in der Tube. Für vernünftige Entscheidungen hatte man ja schließlich Mama auf die Liste gesetzt.

Und dann ist man erwachsen und das Spiel bitterer Ernst. Wer nämlich denkt, beim Kofferpacken gehe es nur ums Kofferpacken, der irrt. Es geht um nichts weniger als das ganze Leben. Wenn jemand einen Koffer packt, dann muss er sich sehr quälen, schrieb schon Matthias Claudius, jedenfalls so ähnlich.

Klappe zu, Alltag tot

Während der Koffer mit offenem Maul vor einem liegt, führt er einem vor Augen, was man alles versäumt hat zu erledigen. Hätte man mal die Löcher im T-Shirt geflickt und den Kleiderschrank ausgemistet, und wollte man nicht eigentlich nach dem letzten Urlaub notieren, was man angezogen hatte und was nicht? Stattdessen stopft man dem Koffer wahllos irgendwas in die Fresse, nur damit er endlich aufhört, so hämisch zu grinsen. Klappe zu, Alltag tot.

Die Versäumnisse in der Vergangenheit sind das eine. Das andere ist die Unfähigkeit, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Denn die Packophobie, die unerklärlicherweise noch nicht im Krankheitskatalog der WHO steht, ist nicht etwa ein Ableger des euphorisch angehauchten Reisefiebers, sondern gehört wie die Angst vor dem Einkaufen ohne Zutatenliste aus dem Kochrezept zur Kairophobie, also der Angst davor, Entscheidungen zu treffen.

Woher soll man bitte im Vorfeld wissen, was man im Urlaub brauchen wird? Das Wetter ist unberechenbar, die Anlässe, die sich am Zielort bieten, sind es auch, und vielleicht wacht man eines Morgens auf und denkt: Verdammt, ich habe eine unbändige Lust, heute das rote Fransenkleid anzuziehen, aber ICH HABE ES JA IM LETZTEN MOMENT WIEDER IN DEN SCHRANK GELEGT! Dafür hat man vier T-Shirts dabei, die alle nicht zu der kurzen Hose passen, geschweige denn zu irgendwelchen Schuhen.

Packophobie

Von der Packophobie sind viele Menschen betroffen, doch nur wenige sprechen darüber; zu groß ist die Scham. Wie soll man auch glaubhaft versichern, dass man ein Unternehmen leiten kann, wenn man schon an der Entscheidung scheitert, ob man den braunen oder den schwarzen Gürtel mit in den Urlaub nimmt? Am Ende ist der eine ein Entscheidungsträger, der andere trägt einfach nur einen Koffer.

Die einzige Therapie, die bei Packophobie hilft, ist das Spiel aus der Kindheit. Ich packe meinen Koffer und nehme mit: meine Unzulänglichkeit. Der entkommt man sowieso nicht, und im Urlaub hat man endlich mal Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Gute Reise!

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taz am wochenende
Jahrgang 1984, Redakteurin der taz am wochenende. Bücher: „Rattatatam, mein Herz – Vom Leben mit der Angst“ (2018, KiWi). „Theo weiß, was er will“ (2016, Carlsen). „Müslimädchen – Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013, Lübbe).
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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Ja, das sind wirklich gravierende Probleme, denen sich die taz viel öfters widmen müsste.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Ich unterstelle jetzt mal frech, dass eher Frauen von der Packophobie befallen sind als Männer. Männer planen das Packen wie eine Kriegsvorbereitung. Richtige Männer reisen sowieso nicht mit einem Koffer, sondern mit dem Rucksack. Da geht genausoviel rein wie in den entfernten viereckigen Verwandten.

    Und wenn man richtig packt (rollen, nicht falten) bleiben die Klamotten weitestgehend faltenfrei. Und mit dem Rucksack hinten drauf ist man schneller, wenn es darum geht Bus oder Bahn gerade noch zu erreichen.

    Und wenn das Hotel oder das Airbnb in einer Gegend ist, in der Langfinger unterwegs sind, fühle ich mich mit freien Händen wehrhafter.

    Wenn man nicht damit rechnet am Urlaubsort zu einem Bankett eingeladen zu werden, reichen nach meiner Erfahrung für jeden Tag drei Teile plus zwei Hosen, zwei Paar Schuhe, Fleecejacke und leichte, gern auch schicke regenfeste Jacke.

    Ach ja, natürlich das Maschinengewehr, Munition, Messer und Kompass.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Meine Güte! Sie haben doch nicht etwa vor, Ihrer Unzulänglichkeit mit der Kalaschnikow zu Leibe zu rücken? Ich verrate Ihnen jetzt mal was, Sie Mann: Sich mit etwas auseinanderzusetzen bedeutet nicht unbedingt, es in löchrige Einzelteile zu zerlegen, die bloß noch begraben werden können.

      Im Übrigen habe ich mir sagen lassen, dass wirklich-echte Männer auch keinen Rucksack mit gerollten (!) T-Shirts und Jeans brauchen, sondern allenfalls eine Zahnbürste in der einen Gesäßtasche und ein dickes Portemonnaie nebst goldener Kreditkarte in der anderen.

      Allen Frauen kann ich immerhin raten, vor dem Einpacken für jeden (zweiten) Tag ein komplettes Outfit nebst Gürtel, Sandalen und Jacke aufs Bett zu sortieren. Dann ist zwar immer noch nicht für jedes Wetter das Richtige dabei, aber wenigstens findet sich am Urlaubsort was Passendes. Neu kombinieren kann man das Zeug nachher immer noch.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @mowgli:

        Es ist keine Kalaschnikow, es ist ein MG5

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Ja wie? Alter Insulaner*!*



          Immer noch auf dem Kriegspfad*?*



          Mach Bosse!;)) - The Fool on the Hill - forgotten?



          Really ? Really?

          www.youtube.com/watch?v=UC9pc4U40sI

          Aber ich tipp mal:



          Den Reißverschluß - Schießte dir noch immer in alter Tradition - alter Schwede! Dont lie!



          Mit der Guzzi hoch. Newahr.



          Normal.

          unterm--- beim Koffer fällt´s mangels Masse - ja wech. Woll. Na - Si´cher dat. Besser is das.

          kurz - Na Mahlzeit

          But. Take this - much better -



          www.youtube.com/watch?v=hoEle04qu_U

          Normal - wa!;)



          &



          Fin - www.youtube.com/watch?v=JAzTnsSgs2s

          • 8G
            88181 (Profil gelöscht)
            @Lowandorder:

            Alter Hippie :-)

            Das mit den Waffen ist eine Nebenwirkung von ausuferndem Netflix-Konsum.

            • @88181 (Profil gelöscht):

              ;)) - wat de Fingers & Algolloolloolloo*



              all maakt. Liggers.

              “…mit der Uzi…“ - klar doch!;))

              unterm——&



              * die 0/1-tazis sün ja ook liggers -



              Schwer am - Klamüsern. Newahr.



              Normal & Njorp.



              Ever - bi lütten ward dat wat tiid.



              Liggers.