Kolumne Pressschlag: Hertha schlingert ohne Ende
Einen Rekord hat er aufgestellt: Michael Skibbe ist der erfolgloseste Hertha-Trainer aller Zeiten. Nach seiner Entlassung bleibt Manager Preetz nur noch ein letzter Versuch.
F ünf Spiele, fünf Niederlagen. Schlechter geht es nicht. Und dennoch hätte vor diesem Spieltag kein vernünftiger Mensch einen Heller auf die Entlassung von Michael Skibbe verwettet, der erst seit Anfang dieses Jahres die Hertha betreut. Denn in den vergangenen beiden Partien hatten die Blau-Weißen durchaus positive Ansätze gezeigt.
Entscheidend für die Entlassung war allein die völlig verpatzte erste Halbzeit in Stuttgart. Mit der daraufhin vollzogenen Entlassung wurde der Pechvogel Skibbe zur Witzfigur. Einen schlechtere Bilanz hatte bislang noch kein Hertha-Trainer aufzuweisen.
Hinter dieser Entscheidung steht indes ein Mann, der seinen wohl letzten Versuch startet, nicht einen noch schlechteren Platz in Herthas Geschichtsbüchern zugewiesen zu bekommen: Manager Michael Preetz. Die Einstellung von Skibbe sei ein Fehler gewesen, räumte der 44-Jährige ein, und es läge in seiner Verantwortung, diese Fehleinschätzung zu korrigieren.
JOHANNES KOPP schreibt regelmäßig für die taz.
Wenn man so will, kann man das Korrigieren getroffener Entscheidungen als das Hauptbetätigungsfeld von Preetz beschreiben. Seitdem er das Erbe von Dieter Hoeneß vor zweieinhalb Jahren übernahm, ist ihm wenig geglückt. Der Wiederaufstieg in die erste Liga war angesichts des vergleichsweise überdurchschnittlich großen Etats nicht mehr als eine Pflichtübung für Hertha.
Mit Bescheidenheit und einer Politik der ruhigen Hand wollte der einstige Hertha-Stürmer seinen Klub leiten. Gemeinsam mit Präsident Werner Gegenbauer wollte er der Hertha ein anderes Image verpassen. Weg von der Großspurigkeit, die einst Dieter Hoeneß verkörperte, hin zu mehr Bodenständigkeit.
Doch seinen eigenen Ansprüchen wurde Preetz nie gerecht. Der Klub befindet sich auf einem schwindelerregenden Schlingerkurs, der die Fans in Angst und Schrecken versetzt. Dass sich beim gestrigen Krisengespräch im Kuppelsaal auf dem Olympiagelände neben Kapitän Andre Mijatovic der Zeugwart und ehemalige Spieler Hendrik Herzog den Fans stellte - und nicht Preetz -, ist bezeichnend.
Der Manager duckt sich gerne weg, wenn es hitzig wird. Dies wird ihm aber nicht mehr wirklich gelingen. In den Fanforen mehren sich stündlich die Stimmen derer, die auch seinen Rücktritt fordern. Einen weiteren Abstieg würden Preetz und Gegenbauer in ihren Position wohl kaum überstehen.
Das macht die Lage in Berlin so diffizil. Im Unterschied zur Konkurrenz in Freiburg, Augsburg und Kaiserslautern steht der Klub vor der Zerreißprobe. Die Stimmung ist bis aufs Äußerste angespannt. Keine guten Voraussetzungen, um die Spieler auf ihre Aufgaben einzuschwören. Den ersten Versuch darf der völlig unerfahrene Interimscoach René Tretschok am Samstag unternehmen, wenn der Deutsche Meister Borussia Dortmund kommt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen