Kolumne Pressschlag: Tiefenentspannte Bayern
In München ist Krise. Aber nur im Prinzip. Trainer Jupp Heynckes lässt sich nicht verrückt machen. So gelassen haben wir die Münchner lange nicht gesehen.
N ur um das mal klarzustellen: Der FC Bayern ist gut unterwegs. Sicher, die Fakten sprechen für sich: Sechs Niederlagen nach 24 Saisonspielen, also jedes vierte, das ist für den Klub aus München ein Spitzenwert, da brauchste auch nen Spitzentrainer, sonst kriegt man das nicht hin als FC Bayern. Das weiß auch Jupp Heynckes. Der sich seiner Ausnahmestellung vollends bewusst ist, wie wir am Samstag im Fernsehen besichtigen konnten. „Ich bin ruhig und souverän“, schrie er einen Reporter an, der ihn zuvor mit erfreulichen Nachrichten konfrontiert hatte: „Sie wissen, dass die Trainerdiskussion jetzt wieder losgeht?“ „Ist doch gut“, meinte Heynckes und pochte beharrlich auf die Werte seiner Erfahrung und die Vorteile des Alters.
Da können einem schnell schöne Szenen in den Sinn kommen. Stellen Sie sich mal vor: Sie sitzen in der wöchentlichen Sitzung bei Ihrem Psychologen. Sind außer sich. Vor Wut. Vor Enttäuschung. Sie reden auf den Kerl ein, in der Hoffnung auf Erleichterung. Und dann kommt tatsächlich die brillante Intervention: „Ich hab da nen guten Tipp für Sie.“ Ja, wirklich? Und welchen? „Machen Sie sich mal nicht so verrückt.“
Genau das ist das Programm des Jupp Heynckes. Nur nicht verrückt machen lassen. Auch wenn man’s schon längst ist. Kennen wir ja alle. Irgendwie. Es ist Krise. Wir wollen’s nicht wahrhaben. Nur verfügen wir weder über das Alter noch die Erfahrung des Jupp Heynckes, der deshalb verhindert, dass beim FC Bayern das Chaos ausbricht. Denn so gelassen haben wir die Münchner schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. „Wir müssen nicht von der Meisterschaft reden“, meinte Manager Nerlinger, der endlich mal wieder Uli Hoeneß vertreten durfte, was relativ wenig mit althergebrachter Münchner Realitätsverweigerung zu tun hat. Oder weiß man neuerdings um den Wert des guten Zweiten?
Stefan Osterhaus ist Autor der taz
Völlig neue Töne also aus München. Krise? Nun ja, man muss ja nicht jede Aufregung mitmachen. Das überlassen wir mal schön den anderen. Hysterie war gestern. Außerdem: Eitelkeiten müssen nicht sein.
Insofern ist es nur konsequent, dass Jupp Heynckes die Trainerdiskussion begrüßt, ja sie vielleicht sogar durch sein uneigennütziges Verhalten erst eröffnet hat. Es zählt das Große. Und das Ganze. Es zählt der FC Bayern. Damit hat sich Heynckes in Position für den Mitarbeiter des Monats gebracht.
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