Kolumne Press-Schlag: Der Stratege
Der perfektionistische Felix Magath trainiert jetzt die Rumpelfüßler von Schalke 04. Indirekt rügt er seine Vorgänger dafür, dass er ungefähr vier Jahre bis zum Titelgewinn brauchen wird.
S chwer ist das Trainerleben. Wer es noch immer nicht glauben mag, der muss nur einen Blick auf Felix Magath werfen. Der Mann hat Erfolg. Er ist der gefragteste Coach der Liga. Er hat sein Auftaktspiel gegen einen guten Aufsteiger mit einer Schalker Gurkentrupppe gewonnen, und der so lange geschmähte Kevin Kuranyi spielte unter seinem Entdecker, der ihn bei Stuttgart förderte und tadelte, endlich wieder richtig Fußball, so dass gar nicht mehr auszuschließen ist, dass Jogi Löw angsichts der Leistungen des freiwillig Verstoßenen bald sagt: "Da müssen wir au noch mal sprechen."
So kann es gehen unter Felix Magath. Aber der ist trotzdem unzufrieden. Einen TV-Reporter, der nachfragte, warum er nach dem 2:1 gegen Nürnberg den Platz erbost verlassen habe, fragte Magath, ob er denn während des Spiels Karten gespielt oder Fußball geschaut habe. Denn Magath hatte schon wieder den Schlendrian vor Augen, der ein knappes Spiel noch zu Gunsten des Gegners entscheiden kann.
Im Prinzip ist die Sache mit Magath ganz einfach: Er ist Perfektionist. Und selten war eine Aufgabe so schwer wie die auf Schalke. Deshalb hat Magath, der lieber Schach als Karten spielt, schon vorgebaut. Zug um Zug scheint der Stratege auf der Trainerbank geplant zu haben. Den Titel hat er auch schon versprochen. Es gebe kein Aber und kein Wenn, nur das Jahr, das könne er noch nicht genau benennen. Und weil der Zustand der Gelsenkirchener Rumpelfüßler nach Auffassung des Trainers und Managers in Personalunion nicht der beste ist, kriegen die Vorgänger ihr Fett weg: "Es ist schwerer, als ich dachte", verriet Magath dem kicker und tadelte damit indirekt die Herren Slomka und Rutten, die das Feld nicht ausreichend präpariert hatten, weswegen sich Magath großzügige vier Jahre für den Titelgewinn gegeben hat. Denn auf Schalke herrscht dem Vernehmen nach keine dufte Atmosphäre. Magath beklagte "die sehr negative Stimmung, die rund um den ganzen Klub herrscht. Es ist eine derart skeptische Atmosphäre, wie ich sie bei noch keinem anderen Klub erlebt habe. Man merkt einfach, dass die vergangenen Jahre für eine große Verunsicherung im Verein gesorgt haben. Das belastet die Arbeit und schränkt die Leistungsfähigkeit des Teams ein."
Hier hängt einer die Erwartungen ganz bewusst tief. Und wenn Magath am Ende der Saison einen einstelligen Tabellenplatz erreicht, dann ist es nicht mehr, als er versprochen hat. So ist nur Feix Magath. Er spielt eben lieber Schach als Karten.
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