Kolumne Press-Schlag: Selber schuld
Der VfB Stuttgart will hoch hinaus und startet doch einen Angriff auf die Abstiegsplätze. Das war so sicher nicht geplant.
Fußball kann eine einfache Angelegenheit sein, das weiß auch Fredi Bobic, der Sportdirektor des VfB Stuttgart. „Wenn du zu viele Fehler machst, kannst du nicht gewinnen“, formulierte er am späten Samstagnachmittag – und hatte damit eine simple Erklärung gefunden für die Krise, an der die Stuttgarter leiden. Das 1:3 bei Fortuna Düsseldorf war die dritte Niederlage im dritten Rückrundenspiel und die vierte Bundesliga-Niederlage nacheinander.
Und tatsächlich: Das Problem der Stuttgarter ist nicht personelle Unterbesetzung, der Verlust wichtiger Spieler oder mangelndes Selbstvertrauen. Das Problem ist, dass sie dem Gegner Hilfestellung leisten beim Toreschießen. Der misslungene Start in die zweite Saisonhälfte ist daher selbst verschuldet, wie auch Bobic diagnostiziert hat: „Wir kriegen zu viele unnötige Tore“, klagte er nach der Niederlage beim Aufsteiger Düsseldorf.
Vor dem 0:1 misslang es den Stuttgartern, den Ball nach einem verunglückten Freistoß der Fortuna aus der Gefahrenzone zu befördern, dem zweiten und dritten Gegentor gingen Ballverluste im Spielaufbau voraus, außerdem machte Torwart Sven Ulreich jeweils keine gute Figur. Und so beklagten die Stuttgarter hinterher, dass sie trotz 71 Prozent Ballbesitz keine Punkte aus der bunt bestuhlten Arena am Rheinufer mitnehmen konnten. „Wir haben es nicht verstanden, unsere optische Überlegenheit effektiv umzusetzen“, sagte Bobic.
ist Sportjournalist im Westen der Republik. Er schreibt regelmäßig für die taz.
Wobei selbst diese optische Überlegenheit ein brüchiges Konstrukt war. Die Stuttgarter kamen im gesamten Spiel so gut wie gar nicht vor das gegenerische Tor. Streng genommen hatten sie nur eine einzige Chance – und die immerhin nutzen sie mit höchster Effizienz zum zwischenzeitlichen 1:2-Anschlusstreffer durch Christian Gentner. Insgesamt konnten die Stuttgarter aber froh sein, dass sie nicht noch höher verloren hatten als 1:3. Und das gegen einen Aufsteiger, der selbst mit zwei tölpelhaft zustande gekommenen Niederlagen in die Rückrunde gestartet war und daher nicht unbedingt über grenzenlosen Optimismus verfügte. Doch der VfB ist im Moment der optimale Aufbaugegner.
Kontuniutät in der Krise
Ihren besonderen Reiz bekommt die Stuttgarter Krise dadurch, dass der Verein in der Rückrunde eigentlich den Angriff auf die Europapokal-Plätze unternehmen wollte – nicht auf die Abstiegsränge. Die Erwartungen sind eigentlich immer hoch im Schwabenland – die Vertragsverlängerung mit Trainer Bruno Labbadia unter der Woche sollte Kontinuität symbolisieren.
Doch mittlerweile ahnen die Stuttgarter, dass ihnen schwere Zeiten bevorstehen könnten: „Wir müssen langsam aufpassen, dass es nach hinten nicht enger wird“, erklärt Verteidiger Serdar Tasci, und Fredi Bobic appelliert an die Grundtugenden der Spieler: „Aus der Mannschaft muss wieder mehr Leidenschaft kommen!“, fordert er. Damit wäre zumindest ein erster Schritt zur Genesung getan.
Der zweite wäre, dass die Stuttgarter keine Einladungen zum Toreschießen mehr verteilen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!