Kolumne Press-Schlag: Extrem berechenbar
Der FC Bayern München siegt sich dumm und dusselig. Aber führt diese Dominanz nicht automatisch zum Ende des FC Hollywood?
F ußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen die Bayern. Das ist jetzt Gesetz. Die Bayern dominieren in einer Art und Weise, die selbst Uli Hoeneß wohl nicht für möglich gehalten hätte. In der Liga haben sie geschätzt 50 Punkte Vorsprung. Oder waren es 70?
Es findet sich einfach kein Team mehr, das den Bayern gewachsen ist. Arsenal? Wurde in London weggeputzt. Dortmund? Wurde am Mittwoch mit einer Niederlage nach Hause geschickt. Am Wochenende Hoffenheim? Haha, guter Witz.
Die Bayern sind nicht nur für Bayern-Hasser und professionelle Wettspieler ein Albtraum, sondern auch für den nicht konfessionell gebundenen Fußballfreund. Schaut der ein Spiel mit den Bayern, dann fragt er sich zwangsläufig: „Warum eigentlich? Ich weiß doch eh, wie es ausgeht.“ Robben schlenzt einen rein oder Ribéry oder Mandzukic. Im Zweifelsfall trifft jeder der Genannten doppelt.
Schreiten die Superduper-Bayern auf den Platz, dann verliert der Sport seine Mystik: Fußball ist ja normalerweise unberechenbar. Doch wenn der Sieg vorprogrammiert ist, wird die Spielidee ad absurdum geführt. Fußball ist gerade deswegen reizvoll, weil niemand weiß, wie die Partie ausgeht. Eigentlich.
Gegner im Schwitzkasten
Derzeit wissen aber alle: Die Bayern machen’s – wenn nicht noch der Ebola-Virus an der Säbener Straße wütet oder das Pfeiffer’sche Drüsenfieber das halbe Team befällt. Aber selbst dann würden die doppelt und dreifach bestens besetzten Bayern noch hutzebutz mit ihrem Gegner spielen, ihn am langen Arm verhungern oder im Schwitzkasten stöhnen lassen – so lange, bis jedes Leben aus ihm weicht.
Zur Verteidigung der Bayern muss man sagen: Sie können ja nichts dafür, dass ihre Kontrahenten so schwächlich sind. Die Roten wollen gewinnen und tun’s halt auch. Das spricht im Grunde für hochsolides Vereinsmanagement, für gute Personalpolitik, psychologischen Sachverstand und professionelles Arbeiten.
Wird der FC Hollywood jetzt also langweilig? Mitnichten. Der neue Trainer Pep Guardiola soll bei Barça seine Spieler bespitzelt haben, und am Sonntag wird wohl ein Wunder geschehen. Hoeneß will, so vermelden es Münchner Medien, lieber zum Basketball gehen als zum Match der Fußball-Bayern. Warum sollte er auch? Sie gewinnen ja eh.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“