Kolumne Politik Von Unten: Angrillen statt angreifen
Am Bratenrost finden Deutschlands Mehrheiten und Minderheiten harmonisch zueinander. Warum geht das nicht auch im Großen? Los, grillt für den Weltfrieden!
D ichte Rauchschwaden liegen über dem Rhein. Entweder ist im Dom eine Kerze auf die Altardecke gefallen und Köln hat jetzt kein Wahrzeichen mehr, oder Occupy hat sich ernsthaft die Banken vorgenommen. Oder es ist Sommer. Natürlich: Angrillen!
Der Rheinländer besinnt sich auf seine steinzeitlichen Wurzeln, holt den Grill aus dem Keller und hantiert mit Rohfleisch, Holzkohle und – als Zugeständnis an den derzeitigen Stand der Zivilisation – mit Brennspiritus. Bratenduft zieht durch den Park. Oder, auf vegetarisch ausgedrückt: der Gestank brennender Tierkadaver verpestet den Sonntagnachmittag.
Das Schöne ist, dass sich Deutschlands Mehrheiten und Minderheiten harmonisch am Bratenrost zusammenfinden. Die einen mit Frisbees, die anderen mit Fußbällen. Die einen mit Bier, die anderen mit Uludag-Brauselimonade. Die einen mit Schweinekoteletts, die anderen mit Lammfrikadellen. Und die ganz anderen mit Sojawürstchen, Möhrensaft und ergonomischem Holzspielzeug für Charlotte und Lars-Olaf.
Fast hat man das Gefühl, als sei friedliches Zusammenleben unter Menschen möglicherweise möglich. Warum geht das nicht auch im Großen? Das habe ich gedacht, als ich zum ersten Mal in Afghanistan war. Dort gab es das köstlichste Schaschlik, das ich je gegessen hatte. Der Afghane an sich ist ein Grillmeister vor dem Herrn; eine Tatsache, die in der internationalen Presse nicht hinreichend gewürdigt wird. Dabei öffnet es die Möglichkeit zu entscheidenden Weichenstellungen im Afghanistan-Konflikt, denn auch Amerikaner lieben nichts mehr als ein zünftiges Barbecue.
sonntaz
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Vielleicht sollte man einfach mal einen Taliban und seine Lammspießchen und einen US-Soldaten und seine Steaks am Grill nebeneinanderstellen. In der Regel kommen Menschen ganz gut miteinander aus, denen klar ist, dass sie wichtige Interessen teilen. Und Grillanzünder gehören nicht zu den lebenswichtigen Ressourcen, wegen denen man sich die Köpfe einschlagen müsste.
Je länger ich die Grillrauchschwaden über dem Rhein betrachte, umso genialer finde ich diese Idee. Es mag auch an der Sonne liegen, die meinen Kopf brät. Egal, ich denke diesen revolutionären Ansatz einmal bis zu Ende durch. Anstatt in Waffen für den Afghanistankrieg könnte man in den weltgrößten Grillwettbewerb investieren. Deutsche Bratwürstchen neben englischen Lamb Chops! Jamaikanisches Jerk Chicken neben argentinischem Asado! Frieden auf Erden! Selbst Vegetarier sollen einen Platz in der Weltgemeinschaft finden. Mit Sojawürstchen, meinetwegen.
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