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Kolumne Pflanzen EssenDrumrumessen als Dealbreaker

Dürfen in meiner Pfanne auch Steaks braten? Wenn es um die „Kontaminierung“ mit Tierischem geht, hat jeder Veganer eigene rote Linien.

Ist der Salat vegan, wenn man das Hühnchen runternimmt? Die einen sagen so, die anderen sagen so Foto: photocase.de / Vicuschka

N eulich im Restaurant. „Da kannst du doch drumrumessen“, sagte eine Freundin, auf deren Teller noch ein halbes Steak, Bratkartoffeln und Beilagen dümpelten. Das Reststeak sollte ihr Hund bekommen, die Veggies sollte ich vertilgen, denn Essen wegwerfen ist Mist. Finde ich auch. Allerdings schien ihr vollkommen zu entgehen, dass das Gemüse in rosa Rinnsalen aus Fleischsaft ertrank.

Das mit dem Drumrumessen ist so eine Sache unter Veganern. Die einen sagen: Klar, no problem, die anderen lehnen es grundsätzlich ab. Ich selbst mache es ab und zu und fühle mich dann stets ein bisschen wie Bill Clinton, als er in Bezug auf die Frage nach seinem Marihuanakonsum antwortete, er habe geraucht, aber nicht inhaliert.

Es macht mir zum Beispiel nichts, wenn ich bei Tapas und Wein zwischen Chorizo und Jamón Serrano die Oliven von der Platte picke. Oder wenn mir mein Vater ein Gemüsegericht in derselben (vorher gewaschenen) Pfanne zubereitet, in der er sonst seine Bratwurst brät. Aber bei Fleischsaft ziehe ich meine persönliche Reißleine, ebenso bei Pommes, die in Tierfett gebraten wurden.

Geht es aber nur um die hauchzarte Möglichkeit, dass winzigste Bestandteile vom Tier ganz vielleicht mein Essen berührt haben könnten, so zählt das für mich persönlich nicht als Dealbreaker. Mir ist es wichtiger, in einem Restaurant die veganen Optionen zu bestellen und somit eine gute Entwicklung zu unterstützen, als ein Riesenfass aufzumachen, warum denn nicht extra veganes Geschirr und Koch­utensilien bereitstehen. Meine auf Pflanzen basierende Ernährung hat schließlich nichts mit einer Allergie zu tun.

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Selbst für Hardcoreveganer ist es im Übrigen so gut wie unmöglich, eine „Kontaminierung“ zu verhindern, wenn sie außerhalb der eigenen vier veganen Wände essen gehen. Allein schon mit dem Auto oder dem Fahrrad (löblich!) zum Restaurant zu fahren, ist strengstgenommen nicht vegan. Denn die Gummimischungen von Reifen enthalten Stearinsäure, die meist aus tierischen Fetten hergestellt wird.

Ethische Puristen dürften zudem nur bei solchen Unternehmen Lebensmittel einkaufen oder essen gehen, die tatsächlich 100 Prozent vegan sind – nicht bei solchen, die lediglich vegane Optionen anbieten, oder solchen, deren Produktion eventuell Räumlichkeiten mit einem nicht veganen Unternehmen teilen. Im Alltag ist das so gut wie nicht machbar.

Außer, man lebt im Dschungel, sammelt Veggies und Früchte selbst und isst vorsichtig um die Käfer und Insektenlarven auf ihnen drumrum. Klingt allemal appetitlicher als Fleischsaft.

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8 Kommentare

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  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Ich fände jetzt Gemüse in Fleischsaft auch nicht so appetitlich, denke aber, das hängt davon ab, wie weit man auch innerlich schon Abstand genommen hat. Je länger ich nix merklich Tierisches zu mir genommen habe und nirgends gegessen habe, wo Fleisch zubereitet wird, umso widerwärtiger ist mir der "Duft", der etwa einer Metzgerei entströmt oder der Geruch von Döner-Fleisch oder Gegrilltem.

  • Vegetarier/Veganer die ein Fleischgericht bestellen und das Fleisch nicht essen ... gibt es sowas wirklich? Das führt den Fleischverzicht ja nun ad absurdum ... und ein Veganer sollte sich nicht so nennen, wenn er keine rein pflanzlichen Lebensmittel verzehrt. Komischer Artikel.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @EDL:

      Die Freundin hatte das Fleischgericht bestellt, das - oh Wunder - auch pflanzliche Bestandteile enthielt.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Logisches Denken lehren kommt in unserem Bildungssystem leider nicht vor.

      • 1G
        10391 (Profil gelöscht)
        @849 (Profil gelöscht):

        mensch nennt dies omnivore

  • Beliebige Regelwerke sind Ausdruck einer jeden Nahrungsmitteltheologie.

    • @Marc T.:

      Nahrungsmitteltheologie? Pastafari? Sie meinen wohl Ideologie. Ne, aber mal Spaß bei Seite, darum geht es doch in dem Artikel gar nicht.

       

      "Mir ist es wichtiger, in einem Restaurant die veganen Optionen zu bestellen und somit eine gute Entwicklung zu unterstützen[...]"

       

      Das hat weniger mit Logismen zu tun, als mit zeitgemäßer Vernunft.

      • @R. R.:

        Nahrungsmittelproduktion ohne Tierleid ist eine Illusion.