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Kolumne Ostwärts immerMilchbad bei Kerzenschein

Kolumne
von Markus Völker

Das deutsche Team lebt abgeschottet in einem Kokon. Und sie sind weit weg. Das ist vielleicht auch gut so.

D ie Nationalspieler sagen immer, sie finden es toll, so viel über Land und Leute zu erfahren. Die Frage ist, wie, wann und wo sie das machen. Das Team lebt abgeschottet in einem Kokon. Und sie sind weit weg. Ihr Quartier ist jotwede. Es heißt Dwor Oliwski und ist ganz nach dem Geschmack von Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff. Er ist ein Freund der eskapistischen Luxusunterbringung. Es kann nicht weit genug ab vom Schuss sein. Am besten niemanden sehen und hören.

Bei der WM im eigenen Land hatte man sich in das Rentnerparadies Berlin-Grunewald verdrückt, die EM 2008 verlebte man in der Nobelherberge „Giardino“ in Ascona. Zwei Jahre später stöberte Bierhoff ein Quartier in der Pampa auf. Der Tross des DFB stieg in der Nähe von Pretoria ab. Rundherum waren nichts als roter Sand und ein paar vertrocknete Büsche. Immerhin konnte man damals vom Pressezelt noch hinüberlugen zum Fünfsternehotel, in Danzig ist selbst das unmöglich. Das Pressezelt steht weitab der Schlafstätte unserer Profis.

Im Dwor Oliwski kann man Dorschlenden mit Sushi und blanchierten Radieschen essen oder ein Milchbad bei Kerzenschein nehmen, aber in erster Linie kann man sich hier prima verstecken. Die Straßen im Umkreis sind abgesperrt. An den Einfahrten steht Polizei. Sie lässt keine Journalisten durch.

Bild: taz
Markus Völker

ist Sportredakteur und während der EM mit dem deutschen Team unterwegs.

Das ist vielleicht auch gut so, denn die Zudringlichkeiten der Boulevardpresse werden mit jedem Turnier größer. Aus EM und WM wird immer mehr ein Event. Auf dem großen Jahrmarkt gibt es auch Preise zu gewinnen: E-Bikes von einem deutschen Unternehmen und Interviews mit Nationalspielern. Die Chance, so ein Elektrofahrrad zu gewinnen, ist ungleich größer, als ein Interview mit Philipp Lahm oder Jogi Löw zu bekommen.

Auf dem Jahrmarkt gibt es so manches zu bestaunen: den Pressechef Harald Stenger oder den gelben Sportwagen eines deutschen Unternehmens. Man zeigt Stollenschuhe eines deutschen Unternehmens mit lustigen Aufnähern („Sarah“, Schweinis Schatten) in die Kamera, und Per Mertesacker erklärt, warum auf seinen Schuhen kein Name steht. Jedes Detail ist unheimlich wichtig. Man erfährt, dass unsere Nationalspieler, falls sie von der Morgensonne geblendet werden, ihre Jalousien herunterfahren können. Wäre ja auch noch schöner gewesen, wenn man im Dwor Oliwski die Abschottung nicht auf die Spitze hätte treiben können. Wenn das mal kein gutes Omen für die deutsche Abwehr ist.

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