piwik no script img

Kolumne Nullen und EinsenPiraten oder Ninjas?

Michael Brake
Kolumne
von Michael Brake

Pünktlich zum „International Talk Like a Pirate Day“ scheint eine der ältesten Fragen des Internets endlich geklärt.

"Arrr, arrr, ahoy! Savvy?" Bild: dpa

A vast! Vergangenen Montag wurde die deutsche Piratenpartei sechs Jahre alt. Das ist schön für sie, sie wäre dann jetzt bereit für die Einschulung. Und an diesem Mittwoch steht gleich der nächste piratenrelatierte Feiertag an: der International Talk Like a Pirate Day, 1995 in der Piratenhochburg (Geheimwissen!) Oregon erfunden.

An diesem Tag sollen alle Menschen Piratisch reden, englisches Piratisch natürlich, deutsches Piratisch kann man ja nicht ernst nehmen (na gut, englisches auch nicht, aber das versteht man jedenfalls nicht so gut, das ist wie mit peinlichen Songtexten). Und es ist auch ganz einfach: man muss einfach nur irgendwo in jeden Satz ein Avast, Arrr, Aye oder Savvy einbauen und mit „Ahoy, Matey“ grüßen. Feinheiten wie die Frage, ob man „Arrrr“ vor, hinter oder vor und hinter einer adverbialen Bestimmung des Ortes verwenden sollte, regeln sich automatisch nach dem dritten Rum.

Um sich warmzulesen, lassen sich auch Google und Facebook auf Piratenenglisch einstellen. „Gefällt mir“ heißt dann „Arrr, This be pleasin‘ to me eye“, aus „Teilen“ wird „Blabber t’ yer mates“ und aus „Profilbild bearbeiten“ „Mend the Jolly Rogger“, überm Chat steht „Parley, Thar’ be“, der „August“ heißt „Arrrgust“ und so weiter. Damit kann man schon mal einen Tag Spaß haben, und danach noch die Sprachoptionen Leetspeak und Upside Down ausprobieren. ʇɥǝıssnɐ ƃıʇsnl ǝıʍpuǝƃɹı ɥɔnɐ ɥɔılɹüʇɐu sɐʍ

privat
Michael Brake

arbeitet als freier Journalist, unter anderem für taz2medien und taz.de.

Google, Facebook, die deutschen Wähler – auf einmal lieben alle die Piraten, in der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters gehören sie sogar zu den zentralen Glaubensinhalten, hier wurde International Talk Like a Pirate Day zum Feiertag erhoben. Es scheint fast so, als wäre eine der ältesten und beinah in Vergessenheit geratenen Fragen der Internetgeschichte unbemerkt entschieden worden, und das mit einem komplett überraschenden Ausgang. Die Frage nämlich, wer besser ist: Piraten oder Ninjas?

Dabei ist es doch eigentlich einfach. Piraten mögen Musketen besitzen, aber was bringt ihnen das, wenn sie von den praktisch unsichtbaren Ninjas enthauptet werden, noch bevor sie den ersten Schuss abgeben können?

Und auch sonst: Piraten sind laut, reden und singen gerne. Ninjas sind superleise, reden nur das Nötigste und töten Leute, die singen. Piraten tragen alberne bunte Kostüme. Ninjas tragen schwarz mit Kapuze, können Kung Fu und coole andere Moves. Piraten sind wie Hunde. Ninjas sind wie Katzen. Die einzigen Pluspunkte fürs Team Pirat sind Monkey Island und Captain Jack Sparrow, aber das ist sicher auch nur irgendein Irrtum.

Doch trotz dieser für jeden offensichtlichen Überlegenheit ist es tatsächlich still geworden um die Ninjas. In den Achtzigern waren sie noch die Stars von Kinofilmen (American Ninja), Comics (Ninja Turtles) und Computerspielen (Ninja Gaiden), jetzt haben sie den Piraten die Medienöffentlichkeit überlassen, und was die daraus machen, sieht man ja gerade ganz gut .

Sogar die Website der Ninjapartei (ja, die gibt es, also die Seite) ist inzwischen nur noch eine Umleitung zur Piratenpartei. Aber man muss deshalb nicht glauben, dass die Piraten gewonnen hätten. Die Ninjas sind nicht verschwunden. Ihr könnt sie nur nicht sehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Michael Brake
wochentaz
Jahrgang 1980, lebt in Berlin und ist Redakteur der Wochentaz und dort vor allem für die Genussseite zuständig. Schreibt Kolumnen, Rezensionen und Alltagsbeobachtungen im Feld zwischen Popkultur, Trends, Internet, Berlin, Sport, Essen und Tieren.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • J
    Jun

    Ninjas können als Japaner idR kein Kung Fu sondern Bujinkan Budō Taijutsu bzw Ninjutsu.

     

    Ich dachte die Ninja-Serie "Naruto" wäre hierzulande recht pupulär.

  • N
    ninjas? ;)
  • AR
    Antoninus Re

    Gehört hier auch der "Wir sprechen-wie-Tomaten", pardon: "wie-Piraten-Tag" hin?

     

    Da piratisiere ich mit:

    Unser Aller Piraten-Tag!

    Heute ist „International Talk Like a Pirate Day“ – jede und jeder soll sprechen wie ein Pirat.

     

    So kann man den Sinn von alltäglich sinnfreien und demzufolge sinnreich zu machenden Tagen anreich-, pardon: kaputt machen.

     

    Andere Tage muss man natürlich rechtsordentlich bekämpfen:

     

    Tag des entehrten Papsts

    Tag der uringelb besuldeten Soutane des Papstes

    Tag des rückwärtig gebräunten Soutane des Papstes

     

    Dem muss gegengesteuert, sozusagen textil umgezogen werden:

    Tag de leuchtend weißen Feiertagssoutane des Papstes.

  • CK
    Colt Kahn

    Ninja Gaiden????

     

    Schon mal was von "The Last Ninja" gehört? Wenn Du schon in den 80ern bist...