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Kolumne Nebensachen aus SydneyVom Hass auf Frauen

Sven Hansen
Kolumne
von Sven Hansen

Die australische Premierministerin erregt mit einem feministische Frontalangriff großes Aufsehen. Auslöser waren sexistische SMS des Parlamentspräsidenten.

Die rothaarige Gillard wird immer wieder als Hexe und Hure verunglimpft. Bild: reuters

A ustraliens erste Premierministerin Julia Gillard (Labor Party) hat noch nie so viel Aufsehen mit einer Rede erregt wie kürzlich mit ihrem Frontalangriff auf den konservativen Oppositionschef Tony Abbott. Dabei ging es vordergründig um den Parlamentspräsidenten, einem einstigen Abbott-Freund, der inzwischen die Regierung unterstützt. Er hatte einem Mitarbeiter sexistische SMS geschickt. Darin äußerte er sich abfällig über weibliche Genitalien. Abbott wollte dem Parlamentspräsidenten das Vertrauen entziehen lassen, um Gillard anzugreifen.

Doch die wehrte sich: „Der Oppositionsführer sagt, dass Menschen, die sexistische Ansichten haben und Frauenfeinde („misogynists“) sind, keiner hohen Ämter würdig sind. Ich hoffe deshalb, dass er einen Zettel nimmt, um darauf seinen Rücktritt einzureichen. Denn wenn er wissen will, wie Misogynie im modernen Australien aussieht, braucht er keinen Parlamentsantrag, sondern nur einen Spiegel.“

Das saß. Die rothaarige Gillard nannte daraufhin Beispiele, in denen sie in Abbotts Anwesenheit als Hexe oder Hure bezeichnet worden war, ohne dass er dies beanstandet hätte. Sie verwahrte sich deshalb dagegen, ausgerechnet von ihm über Misogynie belehrt zu werden. Das Wort, das ursprünglich Frauenhass bedeutete, dürften bis dahin viele noch nie gehört haben.

Bild: Simone Lang
Sven Hansen

ist Asien-Redakteur der taz.

Gillards Rede zog unerwartete Kreise. Bei YouTube erreichte das Video inzwischen über zwei Millionen Aufrufe. Bald attestierten Umfragen der Premierministerin einen Popularitätssprung, wenngleich Kritiker ihr zu Recht vorwarfen, mit ihrer feministischen Breitseite ausgerechnet den frauenfeindlichen Parlamentspräsidenten gestützt zu haben. Doch der war dann trotz knapp gewonnener Vertrauensabstimmung nicht mehr zu halten.

Die konservative Opposition, die Gillard behandelt, wie sie es mit keinem männlichen Premier wagen würde, warf der kinderlosen und in „wilder Ehe“ mit ihrem Partner lebenden Premierministerin vor, das Wort Misogynie falsch benutzt zu haben. Denn Abbott sei verheiratet und habe drei Töchter. Schon deshalb könne ihm kein Frauenhass vorgeworfen werden.

Doch Gillard bekam Hilfe von unerwarteter Seite. Die Redaktion von Australiens wichtigstem Wörterbuch, „Macquarie“, kündigte eine Neudefinition an. Mysogynie sei demnach nicht mehr nur als „krankhafter Hass auf Frauen“ zu verstehen, sondern auch als „tief sitzender Vorbehalt gegen Frauen“.

In den vergangenen 20 bis 30 Jahren sei es insbesondere im feministischen Diskurs zu dieser neuen Verwendung des Wortes gekommen. Dem müsse ein Wörterbuch Rechnung tragen. Der in die Defensive geratene Katholik Abbot wusste sich darauf nur noch durch den Vorwurf zu helfen, Gillard könne überhaupt keine gute Politik machen, da sie keine Erfahrung mit der Erziehung von Kindern habe.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

12 Kommentare

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  • SS
    Sister S

    Gillard wäscht Abbott den Kopf mit einer Souveränität und Wortgewandtheit - WOW, bin ab sofort ein Fan von ihr :))

  • V
    vic

    Jetzt geht`s dir besser, Captain. Right?

  • O
    ole

    "Benimmt sich jemand wie ein sexistisches/rassistisches/sonstwie-istisches A........"

     

    feministisches A........? ;)

  • H
    HamburgerX

    Besonders erbärmlich ist aber die Redaktion dieses Wörterbuchs. Was ist besser - jahrzehntelang zu schlafen oder bei einer Debatte plötzlich einseitig Stellung zu beziehen, und eine Definition einfach zu ändern? Dieses Buch würde ich boykottieren.

  • C
    CaptainAhab

    Jessers, die arme Frau! Wurde beleidigt! Zum Glück naht der weisse Ritter von der TAZ und empört sich! Schröcklich, das alles. Gut gibt es die TAZ, die uns das zuverlässig das Opfer der Woche präsentiert. Danke!

  • MH
    Michi Hartmann

    "...wenngleich Kritiker ihr zu Recht vorwarfen, mit ihrer feministischen Breitseite ausgerechnet den frauenfeindlichen Parlamentspräsidenten gestützt zu haben..." - wieso zu Recht vorwarfen??? Wenn also ein antirassistischer Rundumschlag einen rassistischen Politiker stürzt, ist das kritikwürdig? Meiner Meinung nach hat die richtige Aktion den richtigen Menschen getroffen. Benimmt sich jemand wie ein sexistisches/rassistisches/sonstwie-istisches A........ so ist das doch super, wenn er/sie genau darüber stürzt. Ursache - Wirkung, schon im Kindergarten eine sehr wirkungsvolle Erziehungsmethode des sozialen Umfeldes... ;)

  • T
    Thomas

    Ja, toller Kindergarten, besser als The Thick of It.

  • A
    Anonym

    klingt doch irgendwie mittelalterlich

  • S
    Siegfried

    Und was sagt uns das? Frauen sind doch das stärkere Geschlecht!

  • ET
    Eddy Torial

    Hass, Vorurteile und Stereotype waren immer schon der der stinkende Treibstoff moralischen Fortschritts. Eine wundervolle Zeitrafferaufnahme gesellschaftlichen Wandels. Wird wohl mal Zeit, unsere Chefin im Bundestag so richtig widerlich zu beleidigen.. Obwohl das die Dudenredaktion wohl weniger dazu veranlassen würde, die Definition von Misogynie zu korrigieren als vielmehr die des Wortes Yippie.

  • R
    reblek

    "Dabei ging es vordergründig um den Parlamentspräsidenten, einem einstigen Abbott-Freund..." - Es ging "um einem Freund"?

  • F
    FurzKopf

    Toller Kindergarten..