piwik no script img

Kolumne Minority ReportDie älteste Horrorgeschichte der Welt

Männer, die befördert werden, sind gruselig. Männer pushen Männer auf die besseren Jobs und Frauen pushen Männer leider auch nach oben.

Dieser Mann hat eindeutig Führungsqualitäten Foto: dpa

H alloween steht mal wieder vor der Tür, und ich grusele mich jedes Jahr ein bisschen mehr. Denn ich merke: Keine Horrorstory kann mit diesem Life mithalten. Nicht nur gruseltechnisch, sondern auch, was den Lügenfaktor angeht. Sie wissen nicht, wovon ich rede? Spielen wir ein Ratespiel.

Was verbindet die drei folgenden Aussagen miteinander? a) Er macht eben wahnsinnig gute Arbeit. b) Eine Beförderung wird ihn sicher motivieren. c) Er besitzt Führungsqualitäten.

Na, haben Sie eine Ahnung? Ja, richtig. Alle drei Sätze bewerten die Leistung einer Person im Job positiv. Ich gratuliere Ihnen! Sie können lesen und sind der deutschen Sprache mächtig. Nicht schlecht. Da gibt es aber noch eine andere Gemeinsamkeit. Ein Tipp: Es ist zwar unklar, ob sich alle drei Sätze um dieselbe Person drehen, aber in allen drei Beispielen ist die Person mit dem selben Pronomen beschrieben. Und das ist – entgegen gängigen Argumentationsmustern – kein Zufall.

Was ist mit den girls?

Die Aussagen können von Frauen oder Männern stammen, ganz egal. Aber sie drehen sich explizit um den Mann. Denn ob bei der Tanke an der Ecke oder im jungen Start-up: Der Mann arbeitet hart, wird befördert und führt. Dabei ist der erste Teil nicht mehr als eine Urban Legend. Ein Märchen. Eine dreckige Lüge. Denn nicht erst seit Beyoncé sollten wir wissen, dass eigentlich girls die world runnen.

Das Problem ist nur: Eine überwältigende Mehrheit von uns glaubt daran, dass der Mann per se befördert werden sollte. Männer wie Frauen. Rechte wie Linke. Almans wie Kanaks. Und das ist die eigentliche Halloweengeschichte.

Weil Männer jeden Gang zur Toilette als nobelpreisverdächtig zu vermarkten wissen. Weil Männer Männer pushen, auch wenn ihr Jobeinstieg erst zehn Minuten her ist und sie unterqualifiziert sind. Weil – und vielleicht ist das der traurigste Teil – auch Frauen Männer pushen. Weil sie wiederum froh sein dürfen, überhaupt einen halbwegs bezahlten Job zu bekommen, zu fairen Konditionen. Obwohl, was ist schon fair? Ich persönlich fände es ja fair, wenn die Frauenquote in Aufsichtsräten von 30 auf 70 Prozent angehoben würde. Oder wenn sie auch in kleinen Unternehmen gelten würde – also dort, wo sie dringend notwendig ist. Am lächerlichsten aber ist die Symbolpolitik mit männlich-weiblich besetzter Doppelspitze, sie ist nichts anderes als ein dreister Move, potenziellen Protest lahmzulegen. Überlegen Sie mal: Wenn selbst die AfD eine Doppelspitze hat, wie viel Revolution steckt dann noch in diesem Modell?

Frauen müssen nicht nur tagtäglich sexualisierte Gewalt über sich ergehen lassen, wie jetzt durch den Fall Harvey Weinstein endlich in einer medienwirksamen Diskussion klar wird. Sie erfahren auch symbolische Gewalt – und zwar an jedem stinklangweiligen Bürotag. Allein durch die Platzierung des Stuhls, auf den sie sich setzen. Aber uns wird niemand zur Hilfe eilen, wenn wir uns nicht selbst verteidigen. Also wenn er nächstes Mal von der Toilette kommt und eine Beförderung dafür will, zieht ihm einen Stuhl über den Kopf.

Happy Halloween.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Fatma Aydemir
Redakteurin
ehem. Redakteurin im Ressort taz2/Medien. Autorin der Romane "Ellbogen" (Hanser, 2017) und "Dschinns" (Hanser, 2022). Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift "Delfi" und des Essaybands "Eure Heimat ist unser Albtraum" (Ullstein, 2019).
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Dieses ewige Schimpfen auf "Männerkumpaneien" die die Frauen klein halten und sich als Seilschaften gegenseitig hochziehen, nervt langsam. Es hat Züge einer Verschwörungstheorie.

     

    Glücklicherweise schafft es die Autorin aber auch mal darauf hinzuweisen das auch Frauen eher Männer in Führungspositionen fördern als Frauen. Das gilt übrigens auch für Wahlen: Männer wählen meistens Männer und Frauen wählen auch meistens Männer.

    Was Wunder wenn dann ein Mann das Mandat bekommt!

  • Zu den Männern die vor mir kommentieren. Es ist eine Kolumne, kann einem gefallen oder nicht, aber eine Kolumne gibt überspitzt eine subjektive Wahrnehmung wieder. Weitaus anstrengender finde ich den Stil der Autorin, 2 Jahre älter als meine wenigkeit, Germanistik studiert aber in ironischem Jugend-Youtub-Sprech eine wichtige Kritik äußern? Wenn möchte man damit erreichen? Unternehmer wie die Lochis oder Bibi? Ich finde die Kritik gerechtfertigt, aber auf diese Art und Weise bin selbst ich von der Kritik eher genervt, als von dem Umstand, der Kritisiert wird. Halt warte! Nein der Umstand ist zum *'?()/)((&&$§ aber die Kolumne auf Teenager-Schrift-Niveau wird meines erachtens kaum Helfen.

  • Das Rumjammern ist nicht hilreich und wenn jemand Chef sein will und die Zeit, Energie, Kreativität, Biss ... hat, kann man sich selbstständig machen. Firma gründen, Millionär werden und so.

     

    Statistsches Bundesamt 2013:

    ....lag ihr Anteil an den Einzels-Selbstständigen bei etwa einem Drittel (32 %) .... Dieser Unterschied ist bei den Selbstständigen mit abhängig Beschäftigten noch

    stärker ausgeprägt, der Frauenanteil liegt hier bei nur 24 %.

    Auch die Selbstständigenquote, die die Zahl der Selbstständigen zur Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Bezug setzt, liegt bei Männern mit knapp 14% gegenüber 8%

    bei Frauen deutlich höher.

     

    Frauen sind weniger oft selbstständig, gründen weniger Firmen, haben, wenn sie denn selbtsständig sind, weniger oft Mitarbeiter.

    Das hat Gründe: Erziehung und Prägung, Bildung, Unterstützung des Partners, Babypasue (?), usw. usf..... für jeden was dabei und wäre interessant das mal von einem Fachmann erläutert zu bekommen.

     

    Auf Männerkumpaneien zu schimpfen mag auch ein Punkt sein, aber eben nur einer.

  • a) Er macht eben wahnsinnig gute Arbeit.

    b) Eine Beförderung wird ihn sicher motivieren.

    c) Er besitzt Führungsqualitäten.

    ###

    Ha, ha, ha.... als wenn noch das "Peterprinzip" gültig wäre.

    .

    Er/Sie ist loyal, sie/er schiebt weiter an der Seilschaft, es ist in der richtigen Partei usw. .....

    .

    ... das sind mMn. doch die heute gängigen Kriterien.

    .

    Als wenn es noch als Leistung, Wissen, gar Erfahrung ankommt!

    .

    Das so so was von letztem Jahrhundert!

    .

    Gliech ob Frau oder Mann, wer nicht aus der "richtigen Ecke" kommt, kriegt doch kaum einen Schnitte mehr.

    .

    Fairer Wettbewerb, das war vielleicht mal als wir noch auf den Bäumen saßen.

    .

    Gruss Sikasuu

  • Genau, nicht durch Wirtschaftsinformatik studieren wird Frau gleichziehen, sondern durch konsequent Opfergeschichten erzählen. Dranbleiben!

    • @El-ahrairah:

      Ist das nicht auch ein Sexismus, wenn der Mann für die Karriere Wirtschaftsinformatik studieren, aber die Frau bloß eine Opfergeschichte erzählen muss?

       

      Bloß ist das dann ein männerfeindlicher Sexismus, also nicht erwähnenswert. Bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen....

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @El-ahrairah:

      Mann ist geneigt zu antworten (auf die Autorin, nicht auf Sie): "Heul doch ne Runde" oder "Geh bügeln".

       

      Frauen müssen nicht Wirtschaftsinformatik studieren, aber wenn sie sich weiter in der Opferrolle zelebrieren, wird das nix. Dann steigt die Depressionsquote, die bei den Frauen ohnehin fast doppelt so hoch ist, wie bei den Männern, noch weiter an. Frust ablassen geht jedenfalls anders.