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Kolumne MännerE-Mail für dich

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Was ist männlich? Die Diskussion über diese Frage ignoriere ich im folgenden ausführlich.

L ange habe ich überlegt, wovon meine Glosse diesmal handeln sollte. Erst erwog ich, etwas über das Verhalten von Männern in Konkurrenz-Situationen zu schreiben. Nobelpreiswürdige Wissenschaftler wollen nämlich herausgefunden haben, dass manche Männern dabei Bonobo-Affen ähneln, andere wiederum Schimpansen. Tier-Mensch-Analogien werden ja immer gern gelesen. Doch dann las ich, was ein Leser zu meiner jüngsten Glosse anzumerken hatte. Da dachte ich: Das ist ausreichend irritierend, das greife ich auf.

Vor zwei Wochen schrieb ich, geschickt in einem Dialog über den Film "Terminator II" versteckt, über die Suche nach einem neuen männlichen Selbstbild. Einem Selbstverständnis, welches das alte, selbstzerstörerische Ideal des Beschützers und einsamen Wolfs hinter sich lässt. Und über die Ratlosigkeit, weil bislang nichts Neues und zugleich Attraktives die Leerstelle zu füllen scheint.

Dies nahm ein Leser, der sich als Mann bezeichnete, zum Anlass für folgenden E-Mail-Kommentar: "Ich verstehe die immer und immer wieder postulierte Sehnsucht nach (neuen) (männlichen) Vorbildern einfach nicht. Braucht ihr unbedingt einen Führer, Erlöser, Messias, Gott? Und wenn ja: Hattet ihr weder Vater, Lehrer, Lieblingsfußballer noch Popidol? Wenn euch so was Albernes wie Männlichkeit wichtig ist, dann seid doch einfach männlich, wenn euch die (alte) Definition der Männlichkeit nicht gefällt, dann seid halt nicht männlich - oder ändert die Definition. Mann oh Mann, so schwer ist das doch alles nicht. Ihr Memmen."

Bild: privat

Matthias Lohre ist Parlamentskorrespondent der taz.

Ich hatte viele Fragen. Ist Gott ein Fußballer? War mein Vater der Führer? Warum gibt es kein "Anti-Weiß"-Deo, das keine weißen Flecken macht? Und wieso gibt es eine Slipeinlagen-Marke namens "Sound"? Ich habe nie behauptet, dass all meine Fragen mit dem Leserbrief zu tun haben.

Nachdem ich sie selbst beantwortet hatte (1. Ja. 2. Nein, sehe ich so alt aus? 3. Aus Niedertracht. 4. Damit ich mich darüber freue) dachte ich: Jetzt schreibe ich dem Leser zurück. In etwa so:

"Lieber Leser,

vielen Dank für Ihre Zeilen. Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten. Aber könnte es sein, dass Ihre Worte unfreiwillig aufzeigen, woran es hapert bei der Suche nach einem neuen männlichen Selbstbild? Nämlich am Willen, sich mit den persönlichen und gesellschaftlichen Rollenvorgaben für Männer auseinanderzusetzen? Zeigt Ihre Titulierung ,Memmen' nicht gerade, dass Sie ein bestimmtes Männerbild im Kopf haben? Und zwar sogar ein sehr klassisches, das dazu neigt, selbstreflexiven Männern ihre Männlichkeit abzusprechen? Fänden Sie es auch angemessen, Weiblichkeit als "so was Albernes" zu bezeichnen? Ich würde gern Ihren Vorschlag für eine geänderte Definition von Männlichkeit hören.

PS: Wie kommen Sie darauf, dass Hitler mein Vater war?"

Doch dann dachte ich: Mir fällt bestimmt was Unterhaltsameres ein. Deshalb handelt diese Glosse im Folgenden von bizarren, bislang geheimen Sex-Praktiken Ihnen bekannter Menschen. Ich habe da einige schwitzige Details für Sie. Wie viel Platz zum Schreiben habe ich eigent…

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.

6 Kommentare

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  • G
    Gosi

    Ich glaube nicht, dass es um Selbstreflexion geht, bei dem Was der Leserbrief anspricht. Es geht ihm denke ich um die "Rollenreflexion". Das ist ganz was anderes, weil es das Eigene, das Individuelle nicht mit einbezieht.

    Und es ist unglaublich deutsch. Die Orientierung an Rollen - Berufsrollen vor allem - ist extrem stark und lässt kaum Individuelles zu.

    Mich ärgert es auch, wenn die Reflexion theoretisch-soziologisch betrieben wird. Anstatt vom "ich mag..." oder "mir macht es Spass..." auszugehen.

    Ich weiß nicht, ob ich Männer (und Frauen), die das losglöst von sich versuchen zu eruieren, was das passende Männerbild ist als "Memmen" bezeichnen würde - ärgerlich sind sie allemal.

     

    Was dabei herauskommen kann, zeigt sich meiner Meinung nach bei vielen Frauen. Wenn alles sagt "ich will einen starken Kerl" und der theoretische Diskurs sagt aber, sie solle sich besser einen gleichstarken oder schwächeren Partner suchen und sie tut das, dann ist das für alle Beteiligten ein Desaster. Der weiche Mann, der von der Frau ständig entwertet wird (oft gegen ihren erklärten Willen), und sie selbst, die ja nicht glücklich ist in der Situation.

    Was ist daran Emanzipation? Absolute Unterwerfung ist das. Handeln entgegen der eigenen Interessen, um der Idee zu genügen.

    Ich habe Angst, dass dasselbe mit der Reflexion über das Mannsein geschieht - dass sie letztendlich nicht zu mehr Freiheit führt, die uns allen zu wünschen wäre, sondern zu Unfreiheit und Unterdrückung. Insofern teile ich den Grundtenor des Leserbriefs.

     

    Ich bin der Überzeugung, dass es in der traditionellen Rollenverteilung glückliche Beziehung gab und gibt. Es muss aber eben möglich sein, sich darüber hinwegzusetzten, wenn es für die beteiligten Individuen nicht passt. Das ist inzwischen für große Bevölkerungsteile relativ leicht, männliche Sexualität als gleich "gut" oder "schlecht" wie weibliche zu sehen ist aber zunehmend schwer. Ich sehe keine Entwicklung zu mehr individueller Freiheit.

  • A
    Arno

    die Texte in dieser Zeitung werden auch immer schlechter...

  • L
    Lena

    Als regelmäßige Leserin der Männer-Kolumne möchte ich - als Frau - mal anmerken, dass ich denke, wir Frauen sind auch schon etwas weiter als der Autor denkt. Es ist ja nicht so, als ob alle nur große starke Macho-Beschützer-Männer zum Partner hätten. Bestimmt kennt doch jeder in seinem Umfeld auch etliche Paare, in denen Frauen mit einfach netten, feinfühligen und charmanten Männern zusammen sind, und der Frau deshalb trotzdem nichts fehlt. Ich glaube, also, dass es dieses neue Männerbild bereits gibt und viele Männer es bereits leben, dass aber manche Männer sich noch nicht so wohl damit fühlen, weil wiederum andere (Männer und Frauen) es ihnen madig machen (mit so doofen Sprüchen wie Weichei oder Memme oder "ich brauche einen Beschützer" oder "Männer dürfen nicht weinen" oder so einem scheiss)...

  • F
    Felix

    ich versteh den kommentator sehr gut und nicht weil ich denke dass selbstreflektion was für "weicheier" oder sowas ist. sondern weil es ein öffentliches gejammer ist, ein suchen nach jemandem der einem sagt was gut und was richtig ist.

    wer braucht denn ein "männerbild" (oder ein "frauenbild")? warum zum geier kann man nicht einfach sein wie man ist? ohne das man jemanden braucht der sagt "ja, ganz toll, wenn du soundsoundso bist, DANN hast dus richtig gemacht"

    memmen, ja, manchmal kommt einem der gedanke... und nein, nicht weil man sich selbst hinterfragt (sich selbst wirklich hinterfragen braucht wohl mehr mut als einfach irgend einem "männerbild" nachzulaufen, ob neu, alt oder recycled), sondern weil es ein suchen nach einem gott, einem führer (nein, nicht DER eine, blöde deutsche reaktion...) oder einem vater ist der einem die verantwortung für das eigene leben abnimmt.

  • M
    Mone

    Mensch Herr Lohre, eine Krise der Männlichkeit lässt sich durchaus auch da ausmachen, wo Männer anfangen, sich über Slipeinlagen mit dem Namen „Sound“ Gedanken zu machen. Sind Sie etwa neidisch, dass Sie nicht in der anderen Band spielen? Als Mitglied eben dieses Frauengesangvereins möchte ich Sie jetzt bloß warnen, dass gesellschaftliche Rollenvorgaben, die Sie hier ja anscheinend stellvertretend für alle Männer neu erfinden wollen, nicht unbedingt zum Wohle des jeweiligen Geschlechts sein müssen. Wollen Sie, dass es irgendwann Ihm so ergeht wie Ihr in Antichrist. Einfach mal richtig durchdrehen, weil man nicht mehr heraus findet aus der ewigen Geschlechterrollen-Zuschreiberei…

     

    Eine kritische Auseinandersetzung mit einer persönlichen männlichen Identitätsfindung und mit den Konflikten, die man dadurch mit der Gesellschaft austragen muss, wäre interessant. Allerdings muss dann der männliche Blick auch etwas weiter gehen als bis zum nächsten Drogeriemarktregal mit weiblichen Hygieneartikeln.

     

    Und jetzt muss ich noch meiner Rolle als Pöbel-Mone gerecht werden: Diese Kolumne liest sich wie ein Artikel aus einer Frauenzeitschrift. Schlimm.

  • D
    diri3l

    "Zeigt Ihre Titulierung ,Memmen' nicht gerade, dass Sie ein bestimmtes Männerbild im Kopf haben? Und zwar sogar ein sehr klassisches, das dazu neigt, selbstreflexiven Männern ihre Männlichkeit abzusprechen?"

     

    Diese Aussage an sich finde ich sehr beachtenswert. Im Alltag fällt es mir jüngst häufiger auf, dass gerade auch junge Männer die selbstkritisch auch bei sich selbst Fehler suchen, (was absolut nichts mit mangelndem Selbstbewusstsein zu tun hat!), oft als "Weicheier" verschriehen werden.