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Kolumne MännerNackt

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Männer werden diskriminiert? Oder warum gibt es eine Straftat, die nur Männer begehen können?

D er folgende Satz fällt mir nicht leicht, man will ja nicht als einer gelten, dem ob des Laufs der Welt gleich das Riechsalz gereicht werden muss, aber es ist so: Männer werden diskriminiert. Es gibt nämlich einen Straftatbestand in Deutschland, den einzig Männer begehen können: Exhibitionismus.

Daran finden Richter nichts Anstößiges. Vor zwölf Jahren stellte das Bundesverfassungsgericht fest, es verstoße nicht gegen das Freiheits- und Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes, nur Männer wegen Exhibitionismus zu belangen. Um Exhibitionismus, urteilte 1998 das Bayerische Oberlandesgericht, handle es sich nur, wenn die Entblößung der sexuellen Befriedigung dient. Klingt klar. Aber ich habe noch ein paar Fragen.

Wie passt dieses einseitige Verbot zu Paragraf 3, Absatz 1 des Grundgesetzes: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich"? Weil dies hier ein Text ist, und Texte können sich ja nicht antworten, gebe ich eine mögliche Antwort gleich selbst. Armer Text, sollst nicht ohne wärmende Antwort bleiben, so mitten im Winter! Wer ist ein guter Text? Duuuuuu bist ein guter Text! Verzeihung. Wo war ich?

Bild: taz

Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.

Ach ja. Träfe ein Mann auf seine Kumpels und sagte: "Vorhin ist mir eine nackte Frau über den Weg gelaufen. Sie wollte mir nur ihre Brüste und ihr You know what zeigen, sonst war sie still. Gott, bin ich empört!", dann müsste sich dieser Herr die eine oder andere Frage zu seiner sexuellen Orientierung anhören. Kurzum: Welcher Mann wollte solche Darbietungen strafbar machen?

Hinzu kommt: Männer tun in ihrem Leben weniges, das nicht auf Mehrung und Erhalt ihres sozialen Status gerichtet ist. Denn gesellschaftliches Ansehen - und bei diesem unromantischen Spiel machen Frauen immer noch mit - gilt als attraktiv. Gesetzgebern und -interpreten scheint es da unverständlich, dass jemand seine Paarungschancen freiwillig verringert, indem er nackt durch die Gegend läuft und sich dabei absichtlich erwischen lässt. Wer so was macht, muss pervers sein.

Auch Mark Roberts. Der Brite, Vater dreier Kinder, reist seit 17 Jahren um die Welt, um fast bis gänzlich nackt durch Sportstadien und über Pferderennbahnen zu laufen. Besonders anmutig war des Flitzers Auftritt beim olympischen Dressurreiten in Peking 2008. Dort trabte der leicht übergewichtige Herr, nur mit einem rosa Tutu bekleidet, über den Parcours, scheute vor einer Hürde und machte als Ersatz eine elegante Rolle vorwärts. Ist das Exhibitionismus? Ich finde: nein. Wie gesagt, wollen Männer bei Frauen Eindruck machen. Und will irgendwer ernsthaft behaupten, es bringe einen Mann diesem Ziel - und damit sexueller Befriedigung - näher, wenn er im Ballettröckchen ein Springpferd nachahmt? Andererseits: Roberts ist Engländer, da weiß man nie.

Es gibt auch weibliche Flitzer, zum Beispiel die Neuseeländerin Lisa Lewis. Die blondierte Endzwanzigerin wurde bekannt, als sie 2006 auf der Suche nach Aufmerksamkeit, nur mit einem Bikini bekleidet, während eines Rugby-Länderspiels lächelnd übers Feld lief. Der junge Ordner, der Lewis schließlich vom Feld trug, wirkte gar nicht empört.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.

6 Kommentare

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  • M
    Maria22

    Ich habe folgendes Problem mit dieser Strafverfolgung!

     

    1. Es entsteht bei den Zeugen kein Schaden, dies ist seit 1983 spätestens dem BKA bekannt. Wenn es keine Schäden gibt, wie die Wissenschaftler des BKA bestätigt haben. Wieso werden dann Gliedzeiger geschädigt?

    Ein Opfer muss einen Schaden haben, um eine Strafbewehrheit zu rechtfertigen.

    Ohne Schaden ist keine Bestrafung gerecht! Die Empörung in diesem Fall ist kein Schaden, sondern nur eine von Religion, Erziehung vorgegebenes anerzogenes Verhalten. Würde man andere Moralvorstellungen haben, gebe es gar keine Exhibitionisten und Moralparagraphen!

     

    2. Es wird Angst verbreitet vor einer Menschengruppe die harmlos ist!

    Dies ist ungerecht in der Erziehung, Menschen zu Vorverurteilen und als Böse hinzustellen. Dies ist eine Art Rassismus!

     

    3. Es Kostet min 4 Milliarden Euro jährlich Tendenz steigend, die Exhibitionisten zu verfolgen, zu therapieren und einzusperren! Fast jeder EXHI wird Hartz4 Fall!

    Tendenz steigend weil auf jeden dingfest gemachten, kommen 2 neue hinzu!

     

    4. Kinder die so

    etwas sehen ( Ich mag kein pädophilen Exhibitionismus ), können ebenfalls wegen der Hysterie der Erwachsenen, einen sekundären Schäden erhalten!

    Lt. BKA. Es wir sogar als bedenklich angesehen, vor diesem Exhibitionisten zu warnen, weil so Kindern suggeriert wird, dass in der Familie ihnen nichts passiert!

    Aber 90% aller Kindesmissbräuche finden gerade in der Familie statt! Aussage BKA!

     

    5. Es würde genügen, wegen der Moral dieses Verhalten als " Grober Unfug" zu bestrafen. Somit wäre es keine Straftat. Kein Eintrag ins Führungszeugnis, somit auch keine berufliche Ausgrenzung dieser Menschen.

     

    6. Vielfach kam es schon zu Todesfällen, Suizid von Exhibitionisten aufgrund von den Psycho-Terror der auf diesen ausgeübt wird!

     

    Ein Gesetzt welches nicht schützt, sondern nur harmlose Menschen schädigt, sowie die angeblichen "Opfer" sekundär schädigt, gehört geändert oder abgeschafft, weil dies nur viel Leid verursacht! Auch bei den Angehörigen eines Exhibitionisten!

  • G
    G.Teska

    Von nackten Frauen lasse ich mich schon benachteiligen, von Quotenfrauen eher nicht.

  • B
    backtobasics

    Exhibitionismus ist eine Machtfrage wie Sexualität überhaupt. Exhibitionismus bedeutet Gewalt über den öffentlichen Raum.

  • GH
    günther hartmann

    Kompliment. Endlich mal wieder was zu lachen in diesen so unsäglich traurigen Mann-Frau Abrechnungs-Debatten. Danke auch für den Hinweis auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil.

  • C
    Creature

    Tjoa, gibt ja auch Delikte, die nur von Ausländern begangen werden können, siehe Aufenthaltsgesetz…

  • N
    Nick

    flitzerin im bikini, wie verklemmt ist das denn?