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Kolumne MännerDer unglaubliche Hulk

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Penisse schützten früher vor Dieben und Unbill. Heute brauchen sie selbst Hilfe.

E in Penis ist wie Herpes. Die Hälfte der Menschheit hat so was, trotzdem schämen sich ihre Träger dafür und tun alles, um ihn zu verbergen. Das ist nicht schön, aber in Teilen nachvollziehbar. Welcher Mann möchte seine empfindlichste Körperregion schon Verletzungsgefahren aussetzen, wenn ihm nach Springreiten, Turmspringen oder Grillen ist? Doch steckt mehr hinter der Scham vor der Scham.

Auch ich, das gebe ich zu, habe einen Penis. Trotzdem bin ich bereit, über ihn und seine Kollegen mehr zu erfahren. Deshalb tippte ich in die Suchmaske des Archivs dieser Zeitung das Wort "Penis". Die ersten vier Suchtreffer nach Aktualität: Eine Frau in Bangladesch schneidet einem Mann den Penis ab und bringt ihn zum Beweis einer versuchten Vergewaltigung auf die Polizeiwache. Ein ehemaliger Schüler der Odenwaldschule erzählt vom sexuellen Missbrauch durch einen Erzieher. In einer Rezension von Charlotte Roches neuem Buch wird darauf hingewiesen, wie explizit einst Alice Schwarzer beschrieb, welche Unlust ein Penis beim Eindringen in die Vagina verursache. Und in New York erinnert der Verteidiger der von Dominique Strauss-Kahn bedrängten Hotelangestellten daran, dass das Geschlechtsorgan des damaligen IWF-Chefs "zweimal gewaltsam Kontakt mit dem Mund des Opfers" gehabt habe. Der Penis ist wie Gaddafi. Beide haben eine miserable Presse.

Warum ist das so? Nun ließe sich entgegnen, der Nachrichtenwert von Penissen, die wenig mehr tun, als zu baumeln, sei eher gering. Ich bin keiner, der auf eine selbst geschaffene Steilvorlage entgegnet, die meisten Brüste täten den lieben langen Tag doch auch nicht mehr. Das ist unter meinem Niveau. Aber ich bin überrascht vom schlechten Image des Penisses. Denn es war mal anders.

Bild: privat

Matthias Lohre ist Parlamentsredakteur der taz.

In der griechischen und römischen Antike trugen Kinder zum Schutz goldene Ringe und Anhänger in Form von erigierten Gliedern. In vielen Gärten stand eine Figur des Gottes Priapos, bei den Römern auch Mutunus Tutunus genannt. Die Skulpturen bestanden aus einem überdimensionalen Penis mit einem Mann hintendran. Sie dienten nicht nur als Fruchtbarkeitssymbol und magischer Schutz vor Dieben, sondern waren auch nützlich als Vogelscheuche.

Die sexuelle Revolution war nicht besser als andere Umstürze. Auch sie brauchte ihren Bösen, den es zu stürzen galt. Da bot sich das männliche Geschlechtsorgan an: als Zeichen patriarchalischer Unterdrückung und sexueller Ausbeutung. Darin steckte viel Wahres. Aber Penisse sind nicht besser oder schlechter als ihre Besitzer. Wenn sich Männer ändern können, dann sollte es auch das Bild vom Penis.

Doch das bleibt aus. Stattdessen haben viele Männer die Angst vor der eigenen Sexualität verinnerlicht. Ganz so, als ähnelten sie dem stets im falschen Moment gefährlich sich aufplusternden Unglaublichen Hulk - nur nicht am ganzen Körper. Diese Selbstverstümmelung hat grässliche Folgen, auch für Frauen. Erschüttert berichtete mir jüngst eine Freundin von der Anmache eines Mannes. Der hatte sie gefragt: "Magst schmusen? Mir is egal."

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.

10 Kommentare

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  • S
    suswe

    Das Organ ist nicht das Problem. Darin unterscheidet es sich von seinen Ersatzstücken in der Öffentlichkeit (Autos, Raketen u.ä.)

  • M
    macsurf

    Nun ja, Hauptsache eine geiler Titel mir Wörtern aus der Schmuddelkammer, schön knackig platziert, der Rest ist nicht wichtig... sieht so anti-kapitalistischer Journalismus aus? Mir fehlt der Bildungshintergrund in diesen hingeworfenen Thesen... Behauptungen als letzte Meinungsinatsnz zu verkaufen, ist gymnasiales Niveau. Seid etwas moderner, bitte, dafür zahl ich nix.

  • FN
    Floda Nashir

    Jetzt muss ich doch zur Abwechslung mal ein Lob aussprechen: Diese Kolumne hat mir sehr gut gefallen.

  • BA
    bitte anonym

    Ich weiss ja nicht was in Deutschland los ist, oder in welchen Kreisen der Herr ' verkehrt', aber unter Gesunden Frauen hat der Penis weiterhin noch einen formidablen Ruf; vor allem weil er ja in verschiedenen Varianten kommt, und es fuer jeden den richtigen gibt.

     

    Genau wie beim Kleider kauf sollte man natuerlich erstmal ausprobieren welcher der richtige fuer einen ist, bevor man sich fuer einen entscheidet, aber...

     

    ..sollten sie Probleme mit ihrem haben, gute Zurede hilft immer.

    Man sollte seinen Penis gut aufbauen, und ihm ein guter Freund sein.

    Zb. Sollten sie glauben er sei zu klein, ich versichere ihnen es kommt alles auf die Perspektive an. Besorgen sie sich eine Barbie Handpuppe - also das Kleid wird ueber die rechte ( oder linke ? ) Hand gestuelpt und der Daumen und Mittelfinger in die Aermel.

    Der Zeigefinger kommt durch den Kragen auf welchem der Kopf der Barbie Puppe getan wird.

     

    Sie suchen sich natuerlich ihre vorliebe aus, die schwarz, Rot oder Blonde Barbie.

     

    So, sollten sie Brillentraeger sein, es hilft die Brille abzunehmen sodas alles ein wenig verschwommen ist. Und nun gibt die verkleidete Hand dem Penis eine Umarmung - schauen sie nur wie gross er neben der 'Dame' erscheint die nun ' pole' dancing an ihm veranstallten kann.

     

    Sollte er eine Groesse XXL sein, vieleicht mal Baseball versuchen.

     

    Spitznamen geben hilft auch, und er wird ihnen ein treuer Kumpane auf den man stolz sein kann, und nicht schaemen.

    Morgens wenn er sie weckt, koennten sie ihn, ' Pullermann ' nennen. ' Spitz-bub' ist manchmal auch passend...

  • M
    Martin

    Auch wenn ich glaube, dass eher eine weithin weibliche Erziehung (Kindergärtnerin, Grundschullehrerin, evtl. allein erziehende Mutter) und das fehlen klischeefreier männlicher Vorbilder, der Grund für die Verwirrung der Männer im Bezug auf ihre Sexualität ist, weißt dieser Artikel aber auf einen Missstand hin, der behoben werden muss.

  • H
    HULK

    FEMINIST HULK (in Großbuchstaben!) http://twitter.com/#!/feministhulk

  • BA
    bitte anonym

    Beim Penis ist es tatseahclich wie bei einem Hund; es kommt ganz aufs Herrchen an. Wenn Herrchen den Hund nicht regelmaessig gassi geht, also dreimal am Tag, dann pinkelt er ...wenn man glueck hat, und er gut trainiert ist, neben die toilette ( wenns nicht ganz so genau mit dem zielen klappt )

    Wenn man pech hat, der Nachbarin auf en Teppich.

     

    Warum der Nachbarin auf en Teppich ? Na, weil Herrchen zwar sagt er geht mal eben mit dem Hund gassi, tuts aber nicht sondern besucht die Nachbarin. Und der Hund kann nicht mehr einhalten und macht der Nachbarin auf en Teppich.

     

    Waere Herrchen mit dem Hund gassi gegangen, waer das mit der Nachbarin ja nie rausgekommen ( gell, Herr Trommelmeister von Wohnung 6 ? ) Aber nun will die Nachbarin einen neunen Teppich, und hat so'n Pallaver gemacht das es dem Herrchen seine Herz Dame gehoert hat, und nun will sie die Sache mit dem Hund selbst in die Hand nehmen, da Herrchen ja noch nicht mal in der Lage zu sein scheint den Hund gassi zu gehn...

     

    Also die Waende hier sind sowas von duenn, da kricht man ja alles mit was man nicht hoeren will...

  • M
    m3t4b0m4n

    Gnhihihi, er hat "Penis" gesagt.

  • ND
    Nix dagegen

    Das Interessanteste zum Schluß: "Stattdessen haben viele Männer die Angst vor der eigenen Sexualität verinnerlicht."

    Darüber hätte ich gern mehr erfahren.

  • I
    IRiin

    Joa ich denk mal, je mehr die Männer sich ändern, desto mehr wird sich auch das Image des Penis ändern... ist ja nicht so, als ob die "sexuelle Revolution" schon abgeschlossen wäre. Ich sehe auch keinen wirklichen Widerspruch zwischen den Statuen aus dem alten Rom und den Zeitungsartikeln heute - damals wie heute gilt dem Patriarchat der Penis als ultimatives Machtsymbol, nur dass das heute vllt ein bisschen kritischer gesehen wird bzw man auch die Stimmen der Opfer der ganzen Angelegenheit, zumindest von Zeit zu Zeit, hört. Wenn ich mit einem an der Hand festgewachsenen Fleischermesser geboren wäre, würd ich mir auch Sorgen machen, was die Leute darüber denken, wenn sie mich so sehen, auch wenn ich es selber nur zum Kartoffeln schälen benutze...