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Kolumne MännerDer Prinz von Ägypten

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Wie reagiert ein Mann richtig auf die Nörgelei seiner Freundin? Was geht mich das an?

K ränkelnde Liebesbeziehungen sind wie der Nahostkonflikt: Die Krise dauert seit langem an, im Rückblick scheint unwichtig, wer angefangen hat, so verhakt haben sich beide Seiten. Und jeder, der neutral bleiben will, hat es schwer. So gesehen bin ich wie Ägypten.

Mein Nachbar klagte neulich: "Ich hätte nie gedacht, dass ich so was mal sagen würde, aber: Meine Freundin nervt mich. Sie nörgelt an mir herum, und ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Ich erdulde es einfach." Er senkte den Kopf und nuschelte das Erschütterndste, was ein Mann unserer soziologischen Gruppe äußern kann: "Ich führe dieselbe Beziehung wie meine Eltern."

Als Ägypten sah ich mich in der Pflicht, dem Bedrückten zu helfen. Aus guter Nachbarschaft. Und aus Sorge: Bei einer Verschärfung des Nahostkonflikts würde ich schließlich zum Anlaufpunkt für Hilfesuchende, und wir wissen ja, wie lang sich solche Flüchtlingslager halten.

Bild: taz
Matthias Lohre

ist Redakteur der taz.

Deshalb machte ich mich schlau. Zunächst schlug ich nach im Bestseller der amerikanischen Soziolinguistin Deborah Tannen: "Du kannst mich einfach nicht verstehen". Tannen geht von der Annahme aus: Frauen wollen Nähe, Männer Unabhängigkeit. "Eine Frau neigt dazu, eine Bitte, die unbeantwortet bleibt, zu wiederholen, weil sie überzeugt ist, dass der Mann ihrer Aufforderung nachkommen wird, sobald er nur begriffen hat, wie viel ihr daran liegt. Aber ein Mann, der nicht das Gefühl haben will, Anordnungen zu befolgen, zögert die Erfüllung der Bitte vielleicht instinktiv hinaus, um sich selbst zu überzeugen, dass er nur aus freien Stücken handelt. Nörgelei ist das Ergebnis, denn jedes Mal, wenn die Frau ihre Forderung wiederholt, schiebt der Mann die Erfüllung erneut hinaus."

Die feministisch geprägte Autorin hinterfragt nicht, ob das Anliegen der Frau eventuell unpassend ist. Oder ob die Nörgelei mehr mit genereller Unzufriedenheit zu tun hat und weniger mit ihrem Partner. Tannen konnte mich einfach nicht verstehen. Zögerlich griff ich zu Björn Thorsten Leimbachs "Männlichkeit leben. Die Stärkung des Maskulinen". Bei ihm sind nicht mehr die herrschsüchtigen Männer an allem schuld, sondern die Frauen, die Kerle verweichlichen.

Zur Nörgelei schreibt der selbst erklärte "Herzenskrieger": "Eine Frau stellt ihren Mann durch ihre Kritik auf die Probe. Sie möchte spüren, dass er unabhängig von ihrem Lob ist. Sie möchte seine wahre Größe und Unabhängigkeit spüren und ihn testen. Sie gibt ihm Kontra, um zu spüren, ob er trotzdem zu seiner eigenen Wahrheit stehen kann und sich nicht von dem, was ihm wichtig ist, abbringen lässt."

Zusammen genommen, heißt das: Frauen nörgeln, weil sie sich wünschen, dass Männer ihnen Aufmerksamkeit schenken. Diese dürfen auf Nörgeln aber nicht reagieren, das beweise Frauen maskuline Stärke. Soso. Im Nahen Osten gibt es immerhin einen weithin akzeptierten Lösungsweg: die Zweistaatenregelung. So gesehen, war meine Analogie etwas unpassend. Ich gebe meinem Nachbarn keinen Rat, ich taktiere weiter wie Ägypten. Das ist der beste Weg. Wie gehts eigentlich Präsident Mubarak?

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.

3 Kommentare

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  • LI
    Liebe ist ein Kind der Freiheit

    Das Elend beginnt mit dem (unausgesprochenen) Treueschwur. Ich halte das für eine der größten Lebenslügen: ein Leben miteinander teilen zu wollen, ewig in trauter Zweisamkeit, ohne den anderen zu besitzen. Dabei geht es sehr wohl darum: Jemanden für sich allein "zu haben". Und sich dabei einzubilden, die Exklusion anderer Liebespartner würde Verlässlichkeit, Loyalität etc pp fördern.

     

    Das Schönste, Anstrengendste, Lehrreichste ist eine offene Beziehung. Das verändert alles. Nein, ist nicht schmerzfrei. Aber die monogame Variante ist es ebenso wenig, dafür aber umso frustrierender. Im Übrigen heißt das nicht, munter drauflos zu baggern. Vielleicht erscheint auch nie irgendwer so wertvoll, eine weitere intime Beziehung mit ihr oder ihm neben der schon bestehenden Partnerschaft zu knüpfen. Was aber wegfällt sind Besitzansprüche an den anderen, worunter ja auch der Wunsch fällt, jemanden nach eigenem Gusto verändern zu wollen. Man kann nicht von einer/einem alles erwarten, was einem gefällt und gut tut.

     

    Bezogen auf die Nahost-Metapher: No borders, no nations! Da brauchts keinen Krieg mehr. Dafür ne Menge Respekt, und reifes, verantwortliches Handeln.

  • A
    Arsenique

    Wenn die Freundin rumnörgelt, dann weil Du dich gehen lässt und ein Weichei geworden bist. Ratschlag: geh mit deinen Freunden raus, flirte und tanze mit anderen Frauen, sei arschiger zu deiner Freundin. Bezogen auf den Nahost-Konflikt: entführe einen Soldaten, stelle absurde Forderungen und Du wirst ernst genommen.

  • JD
    john doe

    ...."Ich führe dieselbe Beziehung wie meine Eltern."

     

    Ist traurig aber war, die meisten Leute die ich kenne führen dieselbe Beziehung, wie ihre Eltern würden es aber auf den Tod abstreiten.

    Es kann jeder selbst in einer geheimen Minute seine Beziehung auf den Prüfstand stellen. Gibt natürlich immer Ausnahmen.

    Ich empfehle noch ein drittes Buch ist weder vom Macho-Author noch von der Feministin und für mein Empfinden sehr ausgewogen und ungewöhnlich von den Handlungsempfehlungen.

    Michael Mary - Wie Männer und Frauen die Liebe erleben.

    Der Titel ist nicht gerade der Reisser aber der Inhalt!

    Enjoy!