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Kolumne MännerErbarmungslos

Matthias Lohre
Kolumne
von Matthias Lohre

Single-Männer über 30 Jahren haben einen großen Vorteil. Sie haben es mit Single-Frauen über 30 zu tun – mit Autoaggressiven oder späten Prinzessinnen.

W enn ich mal groß bin, dachte ich, dann kriegen die blöden Mädchen alles zurück. Oder soll ich es etwa ewig auf mir sitzen lassen, dass Petra nie mit mir knutschen wollte, obwohl ich ihr mit neu erworbener Männerstimme "Little 15" von Depeche Mode auf dem Schulflur vorsang?

War es etwa fair, dass Antje nicht auf mich stand, sondern auf den schnöseligen Sitzenbleiber mit der Gelfrisur? Und sagen Sie jetzt bloß nicht: "Komm endlich drauf klar, die Kränkungen der Pubertät kann niemand rückgängig machen." Doch, das geht. Wenn ich will, kann ich den Mädchen endlich alles heimzahlen, denn ich bin ein Mann in den Dreißigern.

Dafür müssen wir nur ein paar kleine Begriffsänderungen vornehmen: Das Wort "Mädchen" ersetzen wir durch "Frau über 30", und für "knutschen" können Sie sich selbst was Hübsches ausdenken. Der entscheidende Faktor, der mir bei meinem Racheplan in die Hände spielt, ist: die Zeit.

Bild: taz
Matthias Lohre

ist Redakteur der taz.

Ein Mann erfährt auf der Geschlechterbörse ungerechterweise schon allein dadurch eine Aufwertung, dass er über 30 ist und Single (oder auch nur andeutet, seine Beziehung kipple). Wer zudem noch Haare dort hat, wo Frauen sie mögen, selbstständig wohnen und geradeaus laufen kann, der erhöht seine Chancen immens.

Denn die bittere Wahrheit ist: Liebesleben und -werben werden mit zunehmendem Alter nicht einfacher. Manche Menschen schaffen es, ihre Verrücktheit und Panik immerhin zeitweise zu verbergen. Den meisten aber, darunter vielen Frauen über 30, gelingt das nicht. Das ist meine Chance.

Die weiblichen Verursacher von Geschlechts-Verkehrsunfällen lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: die Autoaggressive und die späte Prinzessin. Die Autoaggressive wähnt sich im Kampf mit einem gnadenlosen, aber stumpfen Gegner. Manche bringen ihre Brüste in statisch gewagten Konstruktionen zu Partys mit. Andere tragen High Heels, die zum Ausschluss aus der Krankenkasse führen können. Gemeinsam ist ihnen ein unschöner Gedanke: Mit Speck fängt man Mäuse.

Bei dieser Strategie gibt es nur Verlierer. Welche Frau will schon ihr Leben mit einem Mann verbringen, der, auf ihr Kennenlernen angesprochen, ehrlicherweise antworten müsste: "Ich hab mich halt in ihre Brüste verguckt"? Und welcher Mann möchte Partner einer Frau sein, die sich mit so einem Kerl begnügt?

Die Prinzessin fährt die gegensätzliche Strategie: Kein Mann ist gut genug, aber die rettende Kavallerie mit dem Prinzen auf dem Schimmel wird schon noch kommen. Ihnen kann ich's ja sagen: Den Prinzen, nee, den gibt's nicht. Hat's nie gegeben. Und deshalb rate ich den interessanten, klugen, gut aussehenden Frauen unter Ihnen: Versuchen Sie's doch mal mit mir.

Ich habe alles, was Frauen von einem Mann über 30 verlangen können: Haare und einen kreativen, aber sicheren Job. Ich "kann mir Kinder vorstellen", natürlich nur mit der Richtigen. Und wo haben Sie die Schuhe her? Wow! Sind die neu? Nur eines noch: Falls ich Sie bei der Verabschiedung nach der ersten Nacht versehentlich Antje oder Petra nenne, ignorieren Sie es einfach. Das hat gar nichts zu bedeuten.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wurde von der Kritik gefeiert. Anfang 2025 veröffentlichte er seinen zweiten Roman "Teufels Bruder" über Heinrich und Thomas Mann in Italien.

16 Kommentare

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  • KG
    Königin Gnadenlos

    Ich oute mich Herr Lohre. Ich bin eine autoagressive,kluge und attraktive Prinzessin. Und das ist gut so. Ich möchte das sogar noch verschärfen. Ich bin eine Königin und herrsche selbstbestimmt in meinem Familienreich.

     

    Für meine Gnadenlosigkeit bin ich bekannt. Wenn

    so ein nettes männliches Exemplar meint nach drei Wochen Beziehung den Nachwuchs niederbügeln zu müssen, ohne jemals einen Kindergeburtstag oder auch nur einen Elternabend durchgestanden zu haben, ist der den Ministerposten schneller los, als der Guttenberg "Doktorarbeit" sagen kann. Es ist schon drollig wie schnell viele kinderlose berufsjugendliche Männer ihrer Altersklasse grollend die Disziplin-Keule auspacken. Weil sie schlicht damit überfordert sind, dass die anderen nich nur wie kleine Satelliten um seine persönliche Sonne kreisen. Und ja, die finden das ganz schön blöd von mir ;-)

     

    Erschwerend hinzu kommt - Vorsicht Autoaggression - dass ich jeden morgen mit Yoga beginne. Nicht um auf den Adoptionsfotos in Malawi eine gute Figur zu machen - der eigene Nachwuchs reicht mir vollkommen Herr Lohre. Ich steh einfach nicht auf Bierbäuche und fand es nur fair diesen Anspruch auch an mich selbst zu stellen.

     

    Ich habe auch Schuhe mit hohen Absätzen! Jede Menge quasi. Und wenn mir ein Mann gefällt - Vorsicht Panik!- dann spreche ich ihn sogar an. Das ist freilich verwerflich und ich gelobe Besserung Herr Lohre. Ab jetzt bin ich nur noch klug, attraktiv und intelligent und schweige in Zukunft. Dann kommt das volle Haar des Mannes an meiner Seite sicher auch viel besser zu Geltung!

  • X
    XXL

    Lustig, die altklugen Bermerkungen der Gewohnheitszyniker hier. Also ich lese da ne Menge Lebenslust aus den angeblich "frustrierten Kommentaren" raus. Wer mit einem Finger auf andere zeigt ....

  • AF
    alte Flamme

    Soll sogar gebundene Sugardaddies geben, die, liiert mit dem Gegentyp der einstigen ersten Flamme (wie wär's Herr Lohre?), munter weiter auf Rachefeldzüge gehen - alte Säcke, die nie erwachsen werden.

  • GB
    Großer Bruder

    Tja, Herr Lohre. Da haben Sie wohl mal wieder den Nagel da getroffen, wo er es am wenigsten mag. Wie anders sind die frustrierten Kommentare zu erklären?

  • CJ
    C.G. Jung

    Die Quelle aller Leiden ist die Mutter.

  • PH
    Paula Henfling

    Frauen über 30, die es nicht schaffen, ihre Verrücktheit oder Panik zu verbergen? Manche Frauen über 30 sind viel weniger kompliziert, als Männer denken. Auch sie halten es hin und wieder mal mit Cindy Lauper: "girls just wanna have fun".

  • KK
    Knut Kurschatke

    Toller Artikel, richtig mit esprit, und die Empörten merken gar nicht, dass sie den Autor bestätigen. Wenn ich ihn richtig einschätze, grinst er sich eins.

  • N
    Nabend

    Wenn Frauen für Sie so befremdlich und Männer so entdeckungswürdig sind, ja lieber Herr Lohre, trauen sie sich: Es ist nichts schlimmes Männer toll zu finden - und wir haben unsere Ruhe.

  • S
    suswe

    Ach ich armes Teil. Schön, dass ich schon 49 bin.

  • K
    kuschelwindelweichgespuelt

    auweia. ihre generation scheint mir eine besonders matte, müde, langweilige zu sein.

  • R
    roterbaron

    Och Gottchen taz? taaaaaaaaaaaaaaz, jemand zu Hause? Nein? Dann lasst doch beim nächsten Mal die Besucher des taz-Cafe's nicht einfach in eure Redaktionsräume, sondern schließt sie ab. Danke.

  • A
    anke

    Sie haben die taz gelesen, Herr Lohre, richtig? Ich meine: Ihre Kolumne klingt wie der Versuch eines frühreifen Dreizehnjährigen, in Umsetzung der von Andrea Roedig beworbenen Studie von Eva Illouz einen Masterplan aufzustellen.

     

    Ein Tipp noch dazu. Unter Leidensgenossen sozusagen: Wenn Sie es den "blöden Mädchen" über 30, den Autoaggressiven, den Prinzessinnen und vor allem den "interessanten, klugen, gut aussehenden Frauen" unter uns wirklich heimzahlen wollen, hilft eigentlich nur eins: Heiraten Sie – am besten überraschend! Und laden Sie die Damen allesamt zur kirchlichen Trauung ein.

  • R
    Rizo

    Wunderschöner, bissig-bitterböser Artikel! Außerdem freue ich mich schon jetzt auf den zu erwartenden Sturm der entrüsteten und erbosten Kommentare...

  • S
    Sonja

    Jetzt frage ich mich (leider) nach dem Lesen nur, ob das nun eine etwas sehr schlecht geratene Parodie von all den Blogeinträgen ist, in denen sich Männer dementsprechend im Internet meinen, auslassen zu müssen... Oder ob es ein ernstgemeinter Kommentar ist, mit dem man Feminist Bingo spielen kann?

  • K
    KFR

    wie kann jemand alle die kleinen Geheimnisse veraten, das ist Hochverrat und wird mit lebenslanger Bindung an Typ Alice Schwarzer oder Tätigkeit in einer emanzipizierten Tageszeitung betraft.

  • I
    ich

    Sollte diese "Kolumne" nicht lieber in einer anderen Zeitung stehen? Was für ein Schwachsinn! Immer schön Geschlechterstereotype reproduzieren, auch in der taz.