Kolumne London Eye: Gold auf Oxford Street

Auf der bekanntesten Einkaufsstraße gibt es super Sommerrabatte. Aber keiner will die erste Goldmedaille verpassen. Amir und Habib sind schlau und kriegen beides - dank iPhone.

Nur die schlauen Londoner finden Gold auf der Oxford Street Bild: reuters

Die besten Sommerrabatte seit Jahren gibt es gerade auf der Oxford Street. Nach einem Sommer, bei dem es über zwei Monate lang ununterbrochen regnete, mitten in der Rezession, wollen die Geschäfte Kunden anlocken, die ihr Zeug wegkaufen. Aber jetzt schwärmen Londoner auch noch von der ersten britischen Goldmedaille und bleiben lieber zu Hause, um sich Olympia anzusehen.

Amir und Habib haben trotzdem volle Einkaufstaschen. Man muss schlau sein, sagt Amir. Sie haben alles live auf Habibs iPhone gesehen und jetzt wurden sie zweimal belohnt: einmal mit Gold für „Team GB“ und dann mit den tollen neuen Sportschuhen mit 40 Prozent Rabatt. Viele andere wussten gar nichts von den Sonderangeboten, aber von den Goldmedaillen hat ganz London gehört.

„FIRST GOLD“, brüllt in riesigen Buchstaben die Londoner Abendzeitung Evening Standard. Für Louise und Sam ist das ein „big deal“, es macht sie stolz, besonders weil es ein Heimsieg war. Die Londoner sprechen jetzt von der Gerechtigkeit des Goldes für Menschen, die jahrelang an sich gearbeitet haben. So eine Goldmedaille, philosophiert Paul, die kommt nur alle vier Jahre vor, wenn überhaupt. Und Ross redet vom Ruhm des Landes, aber als Londoner sei Bradley Wiggins für ihn das allerbeste. Londoner Gold für einen Londoner, was will man mehr?

DANIEL ZYLBERSZTAIN ist freier Autor der taz.

Jetzt meldet sich seine kleine sechsjährige Tochter neben ihm: Sie hätte bei der Schulolympiade doch auch schon zwei Goldmedaillen gewonnen. Und Mutter Maria protestiert: „Was habe ich von Goldmedaillen? Hier in Oxford Street sind Sachen, die unsere Familie wirklich braucht, und zu Preisen, die uns helfen.“

Shopping, behauptet sie, sei für sie ohnehin genauso therapeutisch wie Sport für Ehemann Ross. In einem Fahrradladen um die Ecke wird gerade ein neues Faltrad mit Dreigangschaltung und 30 Prozent Rabatt gekauft. „That’s for Bradley“, behauptet Adrian. Ob er da nicht etwas falsch verstanden hat?

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Seit 2012 für die taz im ständigen Einsatz. In München geboren und aufgewachsen, machte er sein Abitur in Israel. Seit 1991 lebt er im Herzen Londons, wo er zunächst drei Hochschulabschlüsse absolvierte, unter anderem an der SOAS, wo er Politik und Geschichte studierte. Nach einer Rundfunkausbildung war er zunächst für DW im Einsatz. Neben dem Journalistischen war er unter anderem als qualifizierter Pilateslehrer, Universitätsassistent und für das britische Büro des jüdisch-palästinensischen Friedensdorfes Wahat al-Salam ~ Neve Shalom tätig. Für die taz bereist er nicht nur die abgelegensten Ecken Großbritanniens, sondern auch die Karibik und die Kanalinseln. Sein Buch über die Schoa "Soll sein Schulem. Verluste, Hass, Mord, Fragen der Identität aus autobiografischer Sicht," soll Ende 2024 oder Anfang 2025 erscheinen.

Seit 2012 für die taz im ständigen Einsatz. In München geboren und aufgewachsen, machte er sein Abitur in Israel. Seit 1991 lebt er im Herzen Londons, wo er zunächst drei Hochschulabschlüsse absolvierte, unter anderem an der SOAS, wo er Politik und Geschichte studierte. Nach einer Rundfunkausbildung war er zunächst für DW im Einsatz. Neben dem Journalistischen war er unter anderem als qualifizierter Pilateslehrer, Universitätsassistent und für das britische Büro des jüdisch-palästinensischen Friedensdorfes Wahat al-Salam ~ Neve Shalom tätig. Für die taz bereist er nicht nur die abgelegensten Ecken Großbritanniens, sondern auch die Karibik und die Kanalinseln. Sein Buch über die Schoa "Soll sein Schulem. Verluste, Hass, Mord, Fragen der Identität aus autobiografischer Sicht," soll Ende 2024 oder Anfang 2025 erscheinen.

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