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Kolumne Leipziger VielerleiHaustiere ja, Ausländer nein!

Denis Giessler
Kolumne
von Denis Giessler

Durch die Woche in Leipzig mit den Lieblingsparteien der Bautzener Jugend, 50.000 Briefwähler*innen und sauteurem Wein.

Mit genügend Rotwein kann man sich auch das schlimmste Wahlergebnis schönsaufen Foto: ap

N achdem die bürgerliche Maske der AfD endgültig gefallen ist, könnte man meinen, der Wählerzuspruch nähme ab. Pustekuchen, wie Sachsen eine Woche vor der Bundestagswahl eindrucksvoll bewiesen hat. Denn hier ist die AfD nach der CDU/CSU aktuell zweitstärkste Kraft – zumindest bei den Jugendlichen. Die durften nämlich schon am vergangenen Wochenende an die Wahlurne.

15,7 Prozent der unter 18-Jährigen würden die Partei wählen. Im Leipziger Wahlkreis I lag sie mit knapp zehn Prozent zwar deutlich darunter, im Wahlkreis Bautzen I war sie hingegen stärkste Kraft: 26,3 Prozent! Kleiner Trost: Auch die Tierschutzpartei hätte es bei den Jugendlichen knapp über die Fünfprozenthürde geschafft. Haustiere ja, Ausländer nein, scheint für viele die Devise zu sein.

In zwei Tagen sind dann knapp 450.000 Leipziger aufgerufen, ihre Stimme bei der echten Wahl abzugeben. Fast 50.000 Leipziger haben aber bereits per Briefwahl abgestimmt – so viele wie nie zuvor. Die Wahlstatistiker im Neuen Rathaus sehen dafür mehrere Gründe: Zum einen sei die Zahl der Wahlberechtigten gestiegen. Weiterhin vermuten die Behörden eine höhere Wahlbeteiligung; 2013 lag diese bei 67,9 Prozent.

Wenn am Sonntagabend die Stimmen ausgezählt werden und man sich das Ergebnis schönsaufen muss, ist es ratsam, ein paar Flaschen guten Wein im Keller stehen zu haben. Diese Idee hatte wohl auch eine Familie in Gohlis, deren Pläne allerdings von Dieben durchkreuzt wurden. Denn die Einbrecher stibitzten den Weinvorrat.

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Was sie aber nicht wussten: Die beiden Weine der Marke Romanée-Conti stammen aus dem Jahr 1972 und haben einen Gesamtwert von 40.000 Euro. Man stelle sich nur vor, wie die Flaschenhälse abgeschlagen und der teure Wein in vergilbte Plastikbecher gefüllt wurde. Nach einer durchzechten Nacht dürfte die Polizeimeldung am Morgen für weitere Kopfschmerzen gesorgt haben.

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Denis Giessler
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1 Kommentar

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  • Zitat: „Haustiere ja, Ausländer nein, scheint für viele die Devise zu sein.“

     

    Unsinn! Wer keine Ausländer will, braucht nicht die Tierschutzpartei zu wählen. Der kann sich der Herde anschließen und sein Kreuzchen bei der AfD machen. Wer die Tierschutzpartei wählen musste, hat keine Alternative dazu gefunden. Auch keine, die angeblich eine für ganz Deutschland ist.

     

    Etwas mehr Logik darf schon sein, finde ich. Auch und gerade angesichts echt ärgerlicher Wahlergebnisse. Mit derartigen Kurzschlüssen jedenfalls wird man die Jungend auch nicht für die Demokratie begeistern. So weit ich mich erinnere, haben Unter-18-Jährige nämlich vielfach die dumme Angewohnheit, aus Trotz erst recht gerade das zu tun, wovon ihre autoritären Möchtegern-Erzieher ihnen nachdrücklich abgeraten haben.

     

    Merke: Vom Beschimpft- und Dummgemachtwerden ist noch nie einer besser geworden. Die ultimativen Beweise für diese Behauptung regieren grade die USA und Nordkorea.

     

    Ach ja, übrigens: Wer sagt denn, dass die Weindiebe nicht wussten, was sie da stehlen?