Kolumne Kapitalozän: Wachstumsfeld Nase

302.017 Jahre Kapitalismus, Zeit für ein Zwischenfazit: Unabhängig von Martin Schulz sollten Sie neue Freunde suchen und den Hund aussetzen.

eine Mann mit einem Stoff-Mammut

Zeit für mehr Mammuts: Martin Schulz (SPD) Foto: dpa

Der US-Ökonom James Bradford DeLong rechnete 1998 folgendes aus: Die Wirtschaftskraft der Welt lag im Jahr 300.000 vor Christus bei 0,09 Milliarden Dollar. In Preisen von 1990 gerechnet, versteht sich. Das Wirtschaftswachstum vor 302.017 Jahren lag bei exakt 0,00031 Prozent.

Stagnationstier Hund

Der Hund beutet mich ökonomisch aus. No return of Hundefutterinvestment. Nur Emotionen, sind aber nix geldwert. Und das im Jahr 2017!

Fehlinvestition Freunde

Auch mein Freundeskreis ist nutzlos. Alle machen sinnlose Sachen. Streichen alte Möbel, schreiben wirre Texte, einer ist ein Außerirdischer, ein anderer der Geist des Kapitalismus. Ein ökonomisch nützlicher Freundeskreis bestünde aus Juristinnen (Mietrecht, Erbrecht, Arbeitsrecht), spezialisierten Ärzten (Bauchweh, Kopfweh, Zahnweh), diversen Handwerkerinnen (Trockenbau, Fliesen, Elektrik) und einem kiffenden Taugenichts, der mir den VW-Bus kostenlos leiht.

Zinsschwache Mammuts

Befragt nach den besorgniserregend niedrigen Wachstumsraten im ersten Quartal 299.999 vor Christus ist folgendes Zitate des Urmenschen Gnar Rnpft überliefert: „Ogloma, grulmpf hrngnarrrn knrraaal Agraknpfghorrr-rraaaaa.“ Keynesianische US-Westküstenökonomen interpretieren das heute als Aufforderung zur Initiierung eines staatlichen Ausgabenprogramms (Infrastruktur!), neoklassische Süßwassermonetaristen wiederum kommen zu dem Schluss, im zweiten Quartal 299.999 vor Christus wäre eine zwischen US-Notenbank Fed und europäischer Notenbank EZB konzertierte Leitzinssenkung das adäquate Mittel aus der prähistorischen Wachstumsschwäche gewesen.

Kreditrisiko Partnerschaft

Oh U-Bahn, du Kaleidoskop menschlicher Abgründe! Kürzlich steht da ein Pärchen mit Kinderwagen neben mir, drin schlummert ein Däumling. Er zu ihr: „Du schuldest mir noch 20 Cent für den Kaffee von vorhin.“ Sie kramt in der Geldbörse. Entschuldigt sich und bittet um Zahlungsaufschub bis zum Abend.

Wachstumsfeld Nase

Glaubensgrundsatz: Man kann alles in Geld umrechnen. Sogar grunzende Urmenschen. Wie hoch ist das Wirtschaftswachstum in Ihrer Nase?

Wer hat uns verraten?

Hab mir eine säkulare Stagnation eingefangen. Kein Wachstum, außer bei Nasenhaaren und Fingernägeln. Brauche ein inneres Infrastrukturprogramm. Sollte ich deshalb Martin Schulz wählen?

Chance Digitalisierung

Die letzte große Geisel der Deutschen ist besiegt: Du gehst mit Freunden einen trinken und der englischsprachige Kellner in Kreuzberg bringt am Ende eine Rechnung für alle. Nur weil man das in seinem Kulturkreis so macht. Bei uns werden Rechnungen centgenau zwischen allen Beteiligten aufgeteilt, du Honk. Zum Glück gibt es jetzt Paydirekt von den deutschen Banken. Da kann der Martin der Ursula gleich die 26 Cent, die sie fürs Bier ausgelegt hat, zurückzahlen. Praktisch per App, kein Kleingeldgeschleppe. Großer Nachteil: Halb- und Zehntelcentüberweisungen sind nicht möglich.

Chance Bildungsmarkt

Fazit: Die Ausbeutung zwischenmenschlicher Beziehungen ist nach einigen hunderttausend Jahren kultureller Evolution auf einem guten Weg, hat aber noch deutliches Potential. Ich entwickle gerade eine App, mit der ich Erziehungsleistungen aufzeichne, um sie späteren dem Junior in Rechnung zu stellen. Eine Stunde Laufunterricht 50 Euro, plus 19 Prozent Mehrwertsteuer. Sollten sieben sein. Werde in die FDP eintreten.

Renditestark im Inneren

Aber Hallo, da ist mal wieder Friedrich-August, der Geist des Kapitalismus! Hat eine Frage: „Wohin soll ich noch expandieren? Vielleicht ins All?“ Nein. Nach innen. Der Trend geht zur Monetarisierung innerer Konflikte. Das Wachstumspotential im Dienstleistungssektor zwischen Unbewusstem, Ich und Über-Ich liegt bei 0,053 Prozent. Pro Burnout.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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