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Kolumne Ich meld’ michThe Sound of the City

Jede Stadt hat ihren eigenen Ton. In Berlin sind es die rollenden Koffer und in Brünn ist es das Quietschen der Straßenbahnen.

In Brünn (Brno) dominieren quietschende Straßenbahnzüge den Straßenĺärm Foto: Imago / Klaus-Martin Höfer

J ede Stadt hat ihre Musik. Venedig wäre ohne das Gurren der Tauben nur ein Haufen wasserziehender Altbauten, in Berlin begleitet einen das Rattern der Rollkoffer ohrenfüllend durch alle angesagten Viertel, und in Brünn quietschen die Straßenbahnen von früh bis spät.

Mit den Straßenbahnen hat es in der tschechischen Stadt eine besondere Bewandtnis: Zwölf Linien gibt es, und die Waggons scheinen bunt zusammengewürfelt zu sein: T3, Škoda Astra, KT8D5, Vario LF. Vorlaute Stimmen behaupten, die Verkehrsgesellschaft kaufe ihr „Rollendes Material“ aus ausgemusterten Beständen in ganz Europa zusammen.

Was sicher so nicht stimmt. Trotzdem haben manche Waggons Holz-, die anderen Plastiksitze, ein Zug ist mit Werbung lackiert, der andere fährt stolz in Weiß. Die wenigsten glänzen und prunken, den meisten ist der neueste elektronische Schnickschnack fremd. Je nach Temperament zuckeln oder gleiten oder schießen Fahrer und Fahrerin um die Kurven, einige halten viel von zügigem Anfahren, andere wenig von sanftem Abbremsen.

Die Brünner Bürger haben ein ganz eigenes Verhältnis zu ihrer „Šalina“, der Elektrischen. Sie lieben sie. Deshalb haben rund 20 der Züge Namen. Sie heißen Lucinca, Helenka oder Katinka, die Patinnen sind gleichnamige Mädchen zwischen 5 und 7 Jahren. Und auf dem Schild im Waggon steht dann: „Im Jahr 2011 wurde diese Straßenbahn auf den Namen Boženka getauft.“

So verjüngt, kreischen und rasseln und klingeln sie sich durch den Verkehr, bringen die 400.000 Einwohner und ein paar wenige Touristen zuverlässig zur Zetor-Traktorfabrik oder Richtung Villa Tugendhat, und wenn die „100“ hinausruckelt zum Jüdischen Friedhof, ist es, als wäre man mit einem verdienten Arbeitspferd unterwegs.

Der Soundtrack von Brünn ist keine große Oper und auch keine schmeichelnde Symphonie, sondern ein schräger Folksong aus rhythmischem Rattern, schmerzendem Kreischen und schrillem Läuten, und das von fünf Uhr morgens bis abends um zehn.

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