Kolumne Ich meld mich: Cocktail an Bord mit Ursula Andress
Damals – als Stewardessen noch nicht Saftschubsen genannt wurden, Messer aus Cromargan waren und statt Meilen Löffel gesammelt wurden.
R ückt zusammen, Kinder, um den Flachbildschirm an Gate 14, und hört, was euch der fliegende Großvater zu erzählen hat! Es gab einmal eine Zeit in Deutschland, als das mit dem Fliegen noch ganz anders ablief. Schon vorn am Schalter ging es los. Da zeigte man sein Ticket, und es war eines aus echter Pappe.
Beim Eintritt in den Abflugbereich fummelte einem niemand im Schritt herum, und doch landete man viel seltener als behauptet in Kuba statt in Köln. Auch kam keiner auf die Idee, einem die Sprudelflasche wegzunehmen. Hatte ja niemand eine bei sich, fürchtete ja keiner, als Mumie zu enden, ohne drei Liter Wasser im Bauch.
Im Flieger gab es zu trinken, was Herz und Leber begehrten. Puschkin, Kröver Nacktarsch, Lufthansacocktail. Es hatte echte Messer aus Chromargan und echtes Porzellan, und, ich lüge nicht, Kinder: Es gab echtes Essen auf den Tellern. Mit richtigen Schnitzeln, zum Selberschneiden. Flugbegleiterinnen hießen Stewardessen, waren langbeinige, blonde Wesen wie Ursula Andress und angelten sich regelmäßig Fabrikdirektoren.
Nie hätte jemand gewagt, sie heimlich „Saftschubsen“ zu nennen. Alle Flugkapitäne sahen aus wie O. W. Fischer – das ist der Robert Atzorn von vorgestern –, und sie könnten euch heute noch Sachen erzählen, Kinder, von den langbeinigen Wesen und den freien Tagen in Übersee … – aber ich will euch nicht langweilen.
Statt Meilen sammelte man Kaffeelöffel, hochgewachsene Menschen galten noch nicht als fliegendes Störgut, das es nach allen Regeln der Kunst zusammenzufalten galt, und es gab echte Raucher: Alle halbe Stunde verschwanden sie im Raucherabteil, kamen zurück und müffelten ihre nichtrauchenden Nachbarn ein.
So war das, Kinder. Schön war es. Jeder Start ein Neuanfang, jede Landung so was wie Weihnachten und Konfirmation zusammen, und der Beifall kam stets aus tiefstem Herzen. Ist vorbei, Kinder. Hier – euer letzter Aufruf! Viel Spaß übers Wochenende in Budapest. 29 Euro ab Berlin. Kann man nichts sagen.
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