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Kolumne Geht’s noch?Knüppel raus, Herr Wendt!

In Thüringen äußert sich die eigentlich reaktionäre DPolG kritisch über Kollegen, die für die AfD kandidieren. Wo bleibt denn da das Feindbild?

Herr Wendt, wir brauchen Sie! Foto: imago/ZUMA Press

D ie Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat als größte Polizeigewerkschaft traditionell einen differenzierteren Blick auf die eigene Rolle in der Gesellschaft als die Konkurrenz von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) des Talkshowpolterers Rainer Wendt. Differenzierung aber ist kaum unterhaltsam, und so wurde Wendt mit seinen verlässlich reaktionären Tiraden der medial wohl präsenteste Polizist Deutschlands.

Nun aber ist es der GdP gelungen, Wendt den Rang abzulaufen. Ihre Aufforderung an fünf Kollegen, die für die AfD in den Thüringer Landtag wollen, sich von ihrem Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten Björn Höcke zu distanzieren, zieht Kreise.

Gewohnt differenziert und sich für Kommendes absichernd wird dabei von der GdP nicht die AfD selbst als Problem dargestellt, sondern lediglich der sogenannte rechtsnationale Flügel Höckes. Aber das genügt schon für eine ordentliche Erregungskurve. Ob gewollt oder nicht, die Gewerkschaft GdP stellt zumindest den Thüringer Landesverband der AfD faktisch als Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung dar. Kann man machen – nicht zuletzt deswegen, weil es ja stimmt.

Legen Sie den Federkiel beiseite!

Und dann kommt noch der Thüringische Landeschef der DPolG, Jürgen Hoffmann, daher und zeigt sich „beunruhigt“. Und zwar nicht über das Statement der Luschen von der GdP, sondern ebenfalls über die AfD-Kandidaten! „Wenn diese Beamten tatsächlich die politische Richtung von Herrn Höcke tragen, haben sie sich vom Beamtentum entfernt“, wird DPolG-Hoffmann vom MDR zitiert.

Hallo? Was ist denn das für ein weinerliches Bild vom Berufsbeamtentum? Wo ist denn da der Schneid? Die DPolG verrät in sträflicher Beiläufigkeit ihre Mission. Stattdessen schickt sie Emporkömmlinge vor, die im Fernsehen liberal tun, während selbst der SPD-Innenminister des Landes Thüringen nur resigniert die Schultern zuckt.

Deshalb: Rainer Wendt, legen Sie den Federkiel beiseite und nehmen wieder den Knüppel bzw. das Heft in die Hand! Ihre Gastbeiträge in der Jungen Freiheit liest sowieso kein Schwein. Maischberger! Will! Lanz! Überwachen, verurteilen, abschieben, das ganze Programm! Da liegt Ihre Bestimmung, ein Feindbild auch für die aufgeklärte Mitte. Sich den Gefechten mit den vegetarischen Heulsusen, Dealerfreunden und Fahrradfahrern zu entziehen, kann nicht anders denn als feige Fahnenflucht bezeichnet werden. Herr Wendt, ich sage es nur ungern, aber: Wir brauchen Sie.

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Daniél Kretschmar
Autor
Jahrgang 1976, Redakteur für die tageszeitung 2006-2020, unter anderem im Berlinteil, dem Onlineressort und bei taz zwei. Newsletter unter: https://buttondown.email/abgelegt
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11 Kommentare

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  • Mir persönlich fehlt weiterhin das klare Bekenntnis, der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), gegen rechte Tendenzen in der Polizei. Im Zusammenhang mit dem Frankfurter Polizeiskandal, um das 1. Revier, machte der DPolG-Gewerkschafter (Landesvorsitzender Hessen) Engelberg Mesarec, im Interview mit der Frankfurter Rundschau (FR), diesbezüglich eine eher schlechte Figur: Mesarec redete von “überlasteten Mitarbeitern“, dem sinngemäß “schwierigen Arbeitsumfeld“ und der “extremen Belastung“ für Beamtinnen und Beamten. Vor dem Hintergrund der Morddrohungen, gegen Frau Seda Basay-Yildiz, die aus dem 1. Frankfurter Polizeirevier gekommen sein sollen, ist das ein bisschen dürftig!

    “Auch für uns Polizisten gilt die Unschuldsvermutung“ (FR, 17.01.19)

    www.fr.de/frankfur...tung-11413346.html

    In einem anderen FR-Interview sagt der Philosoph Daniel Loick: “(...) Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat gerade eben zu Jahresbeginn eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie unter anderem von Staatsversagen bei der Vollstreckung von Abschiebungen und einem Kontrollverlust bei der Zuwanderung spricht. Das sagt nicht irgendwer, sondern eine große und relevante polizeiliche Interessensvertretung. Es bedarf keiner großen Phantasie, um sich vorzustellen, wie Beamte, die so etwas denken, im Alltag auf der Streife mit Sinti und Roma oder mit Geflüchteten umgehen. (...)“ (FR, 05.01.19)

    “Polizisten haben häufig rechte Weltbilder“

    www.fr.de/frankfur...lder-11415394.html

    • @Thomas Brunst:

      Sehr geehrter Herr Brunst,



      auch wenn es Sie sehr schmerzen mag, wird es schwierig sein in hierachischen Strukturen linkes Denken einzuführen.



      Sie haben das Problem konkret erfasst, aber nicht die zu Grunde liegende Ursachen und die Zielvorstellung beschrieben geschweige denn konkreter quantifiziert.

      Zudem hoffe ich sehr, dass Sie rechtsradikales Denken meinen und dem Polizisten eine ideologische Verbindung mit dem Staat bzw. allen Menschen zulassen.



      [Denn andernfalls fühlt er sich nicht mehr zuständig für staatliche Anweisungen]

      "Staatsversagen bei der Vollstreckung von Abschiebungen und einem Kontrollverlust bei der Zuwanderung"



      Beamte setzen geltende Gesetze entsprechend um, was staatliche Aufgabe ist.

      Sie können natürlich für die Änderung der Gesetze sein, nur ist es schwierig die Nichtdurchsetzung von Regeln eines Staates unpolitischer darzustellen.

  • Wo das Feindbild bleibt?



    Nun - Rainer Wendt ist als ehemaliges CDU-Mitglied Anfang der 80er Jahre zur CSU konvertiert. Er und seine Pseudogewerkschaft bilden praktisch den reaktionären sicherheitspolitischen Arm der „Union“ in die Polizei und der konkurriert dort fleißig mit der Law and Order Fraktion der AfD und den ihnen angeschlossenen Verfassungsschutz- und Nachrichtendienstabteilungen. So macht der eine den anderen groß, aber an Feindbildern mangelt es deshalb doch trotzdem noch lange nicht - im Gegenteil.

    • @Rainer B.:

      anschließe mich.

      unterm——frisch ming Daughter—btw



      “Wenn’dt Afd die Antwort ist -



      Wie blöd war dann die Frage*¿*“



      Normal - Schonn.

      • @Lowandorder:

        Jau! In erheblicher Abwandlung eines Kölschen Grundgesetzes könnte man auch sagen: Keine Frage ist so blöd, dass sich darauf nicht eine noch blödere Antwort geben ließe (;-))

        • @Rainer B.:

          Nö - Normal nich.

          • @Lowandorder:

            Und sonst?

  • 1G
    1074 (Profil gelöscht)

    Alles eine Frage der Perspektive.

    Wie heißt es im Roman so schön:



    «Samuel hatte schon sehr früh diesen Sinn für innere Ordnung, kam aber nie aus dem Gefängnis der Unruhe frei.» (aus dem Roman „Brainstorming eines Rasenden“)

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Wo kein Feind, da kein Feindbild und es herrscht Einigkeit und Friede. Polizei und AfD gehen endlich aufeinander zu. Was zusammen gehört hat zusammen gefunden.

  • anschließe mich.

    Schon der olle Fritz wußtet - “Immer feste druff“

    unterm——-



    www.youtube.com/watch?v=2D7rk6gOlEo



    “O König von Preußen, Du großer Potentat



    Wie sind wir deines Dienstes so überdrüßig satt!



    Was fangen wir jetzt an in diesem Jammertal



    Allwo ist nichts zu finden als lauter Not und Qual.



    Und kommt das Frühjahr an dann ist die große Hitz‘



    Da muß man exerzieren daß ei’m der Buckel schwitzt.



    Da muß man exerzieren von Morgen bis Mittag



    Und das verfluchte Leben das währt den ganzen Tag.



    Vom exerzieren weg, geht’s wieder auf die Wacht,



    Kein Teufel tut nicht fragen ob man gefressen hat.



    Kein Branntwein in der Flaschen, kein weißes Brot dabei,



    Ein schlechtes Tabakrauchen das ist der Zeitvertreib.



    Und kommt ein‘ frisch‘ Parad‘, tut man ein falschen Schritt,



    Dann hört man es schon rufen der Kerl muß auf den Glied!



    Patrontasche runter, den Säbel abgelecht,



    Und tapfer drauf geschmissen bis er sich nicht mehr regt.



    Ihr Herren nehmt’s nicht wunder wenn einer desertiert,



    Wir werden wie die Hunde mit Schlägen strapaziert;



    Und bringen Sie uns wieder, sie hängen uns nicht auf,



    Das Kriegsrecht wird gesprochen: Der Kerl muß Gassen lauf!



    Und wann wir Gassen laufen so spielet man uns auf



    Mit Waldhorn und Trompeten, dann geht es tapfer drauf.



    Da werden wir gehauen von manchem Musketier



    Der eine hat’s Bedauern, der and’re gönnt es mir.



    Und werden wir dann alt, wo wenden wir uns hin?



    Die Gesundheit ist verloren, die Kräfte sind dahin.



    Und endlich wird es heißen, geh‘ Vogel ohne Nest!



    Geh‘ Alter nimm‘ den Bettelsack, bist auch Soldat gewest!“



    www.volksliederarc...enig-von-preussen/

    & Däh!



    „Dass er [Rainer Wendt] ein gespanntes Verhältnis zu Menschen hat, die ihre demokratischen Grundrechte wahrnehmen, hat er mehrfach zum Ausdruck gebracht.“

    – Matthias Altenburg: Courage: Anstiftung zum Ungehorsam. DuMont 2012[9]



    (vom Geld abgreifen mal ganz zu schweigen - Wollnichwoll.)



    de.wikipedia.org/wiki/Rainer_Wendt



    Normal - wa.

    • @Lowandorder:

      Amüsant finde ich den zutreffenden Spruch über die Deutsche Polizeigewerkschaft:

      “Die DPolG ist ein reiner Wendt-Verein.“

      Will sagen: Keine deutsche Einzelgewerkschaft ist so sehr auf ihren Bundesvorsitzenden zugeschnitten wie die DPolG. Daran ändert sich auch nicht, wenn – so wie momentan – die “Emporkömmlinge“ mal etwas sagen dürfen. Unter Rainer Wendt wurde die DPolG zum Wirtschaftskonzern ausgebaut.