piwik no script img

Kolumne Geht’s noch?Der Bettvorleger der Industrie

Das geht zu weit: Das Kraftfahrtbundesamt soll seine Stellungnahmen zu den Abgasskandalen mit der Autoindustrie abgestimmt haben.

Mit industriefreundlichem, abgasverpesteten Gruß aus dem Kraftfahrtbundesamt Foto: dpa

Was bitte ist ein „industriefreundlicher Gruß“? Der Chef des Kraftfahrtbundesamts (KBA), Ekhard Zinke, schließt in Sachen Abgasskandal eine Mail an einen seiner Unterlinge „mit industriefreundlichem Gruß“. Das KBA, wir erinnern uns, ist das Kontrollorgan der Autoindustrie. Es veröffentlicht immer sehr schöne Statistiken zu den Zulassungszahlen.

Wer wissen will, welcher Hersteller im Oktober die drittmeisten Kisten im SUV-Panzersegment mit roten Sitzen verkauft hat, wird beim KBA jederzeit fündig. Jetzt ist klar geworden, dass dieser Bettvorleger der Industrie nichts anderes ist als ein Bettvorleger der Industrie.

Die Stellungnahmen und Berichte des Amts zu den kriminellen Machenschaften der Autoindustrie wurden mit selbiger „abgestimmt“. VW, Opel und Co. haben den KBA-Leuten beim Tippen Händchen gehalten. DPA, Spiegel Online und Bayerischem Rundfunk liegen die Mails vor. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt – der mit dem Karosakko und dem Nacktmullblick – war eingeweiht.

Was veröffentlicht wurde, ist „vorher konkret besprochen“ worden. Die Industrie konnte ihr Veto gegen einzelne Passagen einlegen und elegante Formulierungen vorschlagen: Der Staatsanwalt stimmt die Klageschrift mit dem Bankräuber ab. Ein Opel-Mann schreibt zu einer KBA-Formulierung, sie lese sich ja, als handele es sich um Gesetzesverstöße, was nun wirklich unangemessen sei. Das KBA sagt, ein solches Vorgehen sei „international üblich“.

Und was sagt Audi? Die Ingolstädter wurden in den USA mit einer weiteren Betrugssoftware erwischt und haben eine erste Sammelklage am Hals. Nicht nur Diesel, auch 3,0-Liter-Benziner (A6, A8, Q5, Q7) wurden wohl kriminell manipuliert. Einer Frau, die deshalb mit ihrem Audi nicht mehr fahren will, erklärt die Audi-Werkstatt, das sei „ein rein amerikanischer Skandal“, man wolle die deutschen Autobauer ruinieren.

Ihr Auto sei „technisch völlig okay“. Zudem habe sie keinerlei Abgase zu befürchten, sie sitze ja, wenn sie fahre – tusch! – drinnen im Auto. Fazit: Die fossile Ära der Autoindustrie geht rasend schnell zu Ende. Auf der Pole-Position steht längst der Chinese mit dem Elektromobil.

Voll industriefreundlich, ganz ganz lieb

Ihr Manfred Kriener

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Auch wenn die Amerikaner die deutschen Autosünden derzeit schamlos, gierig und z.T. unanständig ausnützen, ist ihnen zu danken.

    Was die deutschen Verkehrsminister (worunter sehr illustre Namen sind) mit dem BKA und der Autoindustrie da schön gemeinsam unter dem Teppich halten wollten, erinnert recht deutlich an das Gemauschel von Politikern und Verfassungs'schützern', die den deutschen Rechtsextremismus auch gerne unter dem Teppich halten wollen und sich vehement gegen Aufklärung wehren.