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Kolumne Fußball im EishockeylandHintenbörger mit Hitlerauto

Doris Akrap
Kolumne
von Doris Akrap

In Winnipeg gibt‘s Fettpommes und ein Museum für Menschenrechte. In Ottawa ist alles organic und Hitlers Benz steht im Museum.

Skaten ist Menschenrecht. Die Halfpipe vor dem Museum für Menschenrechte in Winnipeg. Foto: Doris Akrap

I m deutschen Lager ist man froh, zurück in der Hauptstadt Kanadas zu sein. Ich nicht. Es ist zwar recht beschaulich hier und der Fahrradverleihe viele. Die charismatischere, weil sich nicht jedem Heini sofort öffnende Präriestadt Winnipeg aber ist viel aufregender, näher an der kanadischen Wildness als dieses Bonn am Rideau-River.

Auch den Kanadiern ist Winnipeg suspekt. Deswegen ist für dieses Präriewesen auch schon Schluss mit der WM. Es durfte nur Austragungsort der Vorrunde sein.

In Winnipeg kann man nach organic Hair- and Food-Studios, organic Waschsalons und organic Diskotheken lange suchen. In Ottawa gibt es nicht mal im Stadion ordentliche Poutine – doppelt frittierte Kartoffelschnitze mit dick Bratensoße und ordentlichen Klumpen Cheddarkäse. Dafür wird man hier behandelt wie ein Schwerverbrecher, wenn man sagt, dass es einem egal ist, ob die Pommes megaorganic, der Fahrradreifen 150% organic und der Internetzugang vollständig recyclefähig ist.

Meine neue Gastgeberin ist sehr nett, sie macht Kunst und Yoga und ist wahrscheinlich zu hundert Prozent ökologisch abbaubar. Das schöne neue Haus steht mitten im sehr attraktiven Hipster-Geheimtipviertel Hintonburg, gesprochen Hindenbörg, also englisch für Hindenburg. Mit dem deutschen Hitlerfan will das Viertel aber nichts zu tun gehabt haben wollen. Hier gibts nur den berühmten Hintenburger, gesprochen Hintenbörger - selbstverständlich superorganic.

Aber ist es Zufall, dass das riesige Canadian War Museum in Sichtweite liegt und dass es aussieht wie der deutsche Zeppelin LZ129 Hindenburg und dass drinnen Hitlers Mercedes Benz 770 Cabriolet ausgestellt ist?

In Winnipeg ist das auffälligste Gebäude das 2014 eingeweihte Museum für Menschenrechte. Drinnen ist es zwar ungefähr so, wie man sich ein solches Museum vorstellt: Indianerausrottung, linker Terrorismus, Holocaust, Frauenunterdrückung, Afghanistan-Einsatz. Aber direkt davor liegt ein riesiger Skatepark aus Beton mit zwei futuristischen Halfpipeanlagen.

In Winnipeg wird Skaten, Sliden und BMX zu den Menschenrechten gezählt. In Ottawa gilt solcherlei Aktivität wahrscheinlich als umweltschädlich.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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1 Kommentar

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  • 6G
    65572 (Profil gelöscht)

    "Die charismatischere, weil sich nicht jedem Heini sofort öffnende Präriestadt Winnipeg aber ist viel aufregender, näher an der kanadischen Wildness" - gesprochen Weildness, also Englisch für Verwahrlosung, Verwilderung, Wildheit - "als dieses Bonn am Rideau-River."

    Muß ich mir Sorgen um Winnipeg machen?

     

    "Meine neue Gastgeberin ist sehr nett, sie macht Kunst und Yoga und ist wahrscheinlich zu hundert Prozent ökologisch abbaubar."

    Wer weiß, die künstlichen Hüften sind inzwischen auch schon kunst- und yogatauglich.

     

    "Es ist zwar recht beschaulich hier und der Fahrradverleihe viele. "

    ?

     

    "Aber direkt davor liegt ein riesiger Skatepark aus Beton mit zwei futuristischen Halfpipeanlagen."

    Es ist vermutlich eine architektonische Herausforderung unfuturistische Halfpipeanlagen hinzukriegen. Wobei das abgebildete Museum vom Futurismusfaktor her gesehen nicht weit hinter einer durchschnittlichen Halfpipeanlage liegt.