Kolumne Flimmern und Rauschen: Der Deutsche Fernsehpreis wird 20

Anlässlich des Jubiläums wird der Deutsche Fernsehpreis wieder im Fernsehen übertragen. Die Freude darüber hält sich in Grenzen.

Barbara Schöneberger beim Deutschen Fernsehpreis

Letztes Jahr moderierte Barbara Schöneberger die Veranstaltung Foto: Willi Weber/SAT.1/dpa

Der Deutsche Fernsehpreis ist ein Ereignis, das in loser, aber leider häufiger Folge über uns hereinbricht. Der 20. Durchgang findet am 31. Januar 2019 statt und sogar auf den Bildschirm zurück: „Das Geschenk an unser Publikum zum 20. Geburtstag sind ein Live-Stream der Gala und eine Aufzeichnung am späteren Abend auf One. Damit kehrt der Fernsehpreis ins Fernsehen zurück“, jubelt WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn. Dass ihn da keiner braucht und die Gala seit Jahren mangels Zuschauerinteresse nur noch im Saal stattfand – geschenkt.

Dazu muss man wissen, dass der Preis reihum von seinen Stiftern „ausgerichtet“ wird, also den vier großen Sendergruppen ARD, ZDF, ProSiebenSat.1 und RTL. 2019 ist „turnusmäßig“ die ARD dran, was dann gern mal am WDR hängen bleibt. Die ARD richtet „turnusmäßig“ ja auch immer die ultimative Burda-Dauerwerbesendung Bambi aus, was laut ARD „Deutschlands wichtigster Medienpreis ist“, was wiederum ein sauguter Witz ist.

Zum 20. Geburtstag gibt es nun einen großen Schritt in Sachen Transparenz und Ehrlichkeit. Der Preis ist aus den „Sender beschmeißen sich gegenseitig mit Preisen“-Veranstaltungen Telestar (öffentlich-rechtlich) und Goldener Löwe (RTL) entstanden und ist jetzt auch genau dort wieder angekommen: Anders als in den Vorjahren sitzen in der 14-köpfigen Jury also konsequenterweise gar keine unabhängigen Kritikerinnen mehr, sondern nur noch SendervertreterInnen, ProduzentInnen und SchauspielerInnen und der arme Orkun Ertener.

Damit das nicht falsch verstanden wird: Auch bei den letzten Durchgängen gab es bestenfalls eine abgestufte Chancengleichheit. Denn die unabhängigen JournalistInnen waren gegenüber der „Wir wollen unbedingt ’nen Preis“-Truppe mit gerade mal vier Nasen eh nur eine Minderheit.

Damit nichts schiefgeht, gehören die Zuständigen aus den Programmkoordinationen und -leitungen von WDR, ZDF, RTL und Sat.1 selbst zur Jury. Und wenn man sich so umhört, bricht sich bei dem einen oder der anderen spätestens bei der Schlussabstimmung das nackte Senderinteresse Bahn. Da kann im 2019er Jahrgang immerhin Jury-Präsident Wolf Bauer prima vermitteln: Er ist der oberste Boss der Ufa, die für alle Sendegruppen produziert.

Bevor man sich fragt, wovor die eigentlich Angst haben oder jemand den armen Döpfner wieder aus dem Zusammenhang reißt und „Nordkorea!“ ruft, noch ein Fun Fact: Weil es die TV-Branche eben verlässlich liebt, zählt der Deutsche Fernsehpreis beim „Leistungsmodell“ der ARD deutlich mehr als andere Auszeichnungen. Ein Preis für eine Doku ist beim Deutschen Fernsehpreis zum Beispiel doppelt so viel wert wie beim Grimme-Preis. Aber da sind die Jurys auch viel zu – äh – unberechenbar.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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