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Kolumne Festnetz in KeniaDer Kabelklau geht um

Ilona Eveleens
Kolumne
von Ilona Eveleens

Die Probleme mit den Festnetzkabeln berühren nur eine Viertelmillion Menschen in Kenia. Viele beantragten zwar eine Nummer, gaben aber irgendwann auf zu Warten.

"Es ist nicht vorstellbar, dass wir ohne Handy leben können." Das hört man oft, aber in meinem Fall sind es nicht nur Worte. Ich war eine der Ersten, die vor zehn Jahren in Kenia ein Handy kauften. Nicht, weil ich immer erreichbar sein will oder überall telefonieren möchte, sondern weil die Leitungen der Festnetzanschlüsse selten funktionieren.

Das größte Problem ist nach wie vor, dass die Kupferkabel nicht unter der Erde verlegt sind, sondern wie schwarze Spaghetti zwischen Masten hängen. Bäume wachsen durch die Kabel und beschädigen sie. Laster sind oft zu hoch beladen und bringen mit einem Mal zahlreiche Anschlüsse zum Verstummen. Ab und zu ertrinken die Kabel auch, denn neben den Verteilerkästen gehen sie in den Boden. Wenn es stark regnet, kann man beim Telefonieren den Ozean hören. Reparaturen lassen nicht Tage, sondern Wochen auf sich warten.

Ilona Eveleens

ist taz-Korrespondentin in Nairobi.

Zugegeben, die Probleme mit den Festnetzkabeln betreffen nur eine Viertelmillion Menschen in Kenia. Viele beantragten zwar eine Nummer, aber meist geben sie nach zehn Jahren Betteln und Warten auf. Bis die Handys kamen. Zwölf Millionen haben mittlerweile eins.

Obwohl ich zwei Handys besitze, habe ich meinen Festnetzanschluss nie aufgegeben. Es gibt schließlich ab und zu Störungen im mobilen Verkehr. Außerdem arbeite ich auch für den Rundfunk, und die Verbindung über das Festnetz, wenn es funktioniert, ist oft ein wenig besser, als mit einem Handy. Vor Kurzem habe ich mir sogar einen zweiten Festnetzanschluss zugelegt, und zwar einen drahtlosen, weil der andere im vergangenen halben Jahr nur wenige Tage funktionierte. Diesmal waren nicht Bäume oder Laster der Grund, sondern Diebe. Sie stehlen Kilometer von Kabeln in einer Nacht oder graben hunderte Meter Glasfaserkabel aus. Sicher ist, dass das Kupfer oft zum Herstellung von Schmuck verwendet wird, den Touristen dann kaufen und mit nach Hause nehmen. Irgendjemand trägt wohl einen Teil meines Kabels als Armband ums Handgelenk. Aber die Polizei vermutet auch, dass Konkurrenz im Spiel ist, vor allem, wenn es um Glasfaserkabel geht. Jährlich gehen mehr als zwei Millionen Euro so verloren.

In meinem Wohnviertel ist es voriges Jahr viermal geschehen. Kurz nachdem neue Kabel aufgehängt wurden, verschwanden sie wieder. Ich lebe am Rande von Nairobi, neben dem Nationalpark. Im Dunklen muss man hier vorsichtig sein, weil Hyänen, Leoparden und manchmal Löwen ein Loch im Parkzaun finden und durch die Gärten laufen, wo es vielleicht einen Wachhund zu vernaschen gibt. Die Telekom hat auch Maasai-Krieger mit Speeren und Keulen angeheuert, um die Diebe zu verscheuchen. Aber trotz wilder Tiere und mutiger Krieger verschwinden die Kabel immer wieder.

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Ilona Eveleens
Auslandskorrespondentin Kenia
Sauberes Wasser, manchmal selten manchmal zu viel in Afrika, ist gerade jetzt in Corona-Zeit so wichtig

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