Kolumne Fernsehen: Das Supertalent
Meine Idee für ihre Weihnachtsfeier: Raclettegrill vom Tisch, Denk drauf, Licht aus, Böller in den Arsch.
H ohoho, liebe Freunde, falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten: Es weihnachtet sehr. Hier in Baden-Baden bauen sie gerade den Markt auf, wo wie überall in der Republik schon bald wieder absurd viele Menschen in der Eiseskälte übersüßten Glühwein zu gesalzenen Preisen in sich reinschütten werden und das auch noch irre gemütlich finden, um nicht zu sagen: besinnlich.
Offenbar stimmt mit meinen Sinnen irgendwas nicht. Anders ist meine Fundamentalopposition Weihnachtsmärkten gegenüber nicht zu erklären. Menschen, die Weihnachtsmärkte mögen, kann ich nicht ab. So! Hätten wir das geklärt. Ende der Vorrede. Wenn Sie mich jetzt nicht mehr mögen (vorausgesetzt natürlich, Sie lesen diese Kolumne nicht ohnehin nur, um sich vor dem Verfasser zu ekeln), trennen sich unsere Wege hier. Viel Spaß mit dem Fusel, dem Holzspielzeug und diesen lächerlichen Weihnachtsmannmützen.
Den Drangebliebenen möchte ich als Zeichen meiner Dankbarkeit für Ihre Treue ein interessantes Angebot machen: mich. Oder, um es zu präzisieren: meinen Arsch, mit einem Tischfeuerwerkskörper darin. Sie suchen doch bestimmt noch ein Geschenk für die Schwiegermama oder auch den Schwiegerpapa (da ist man ja heute gottlob! etwas unverkrampfter) oder auch einen ganz besonders weihevollen Moment für die Weihnachtsfeier in der Firma. Silvester geht auch: Raclettegrill vom Tisch, Denk drauf, Licht aus, Böller hinten rein, und dann darf sich jeder was für 2011 wünschen. Aber nicht verraten! Bringt Unglück.
David Denk ist Medienredakteur der taz.
Inspiriert zu dieser neuen Geschäftsidee - Weihnachtsmann spielen kann schließlich jeder - haben mich Helmut Kohl ("Entscheidend ist, was hinten rauskommt") und die RTL-Casting- und Innovationsshow "Das Supertalent", in der neulich ein eigens aus Simbabwe angereister Herr mit dieser Nummer aufgetreten ist. Ich komme Sie da wesentlich günstiger. Schließlich lebe ich in Berlin, muss also nicht erst eingeflogen werden und bin als taz-Redakteur für jeden Nebenverdienst dankbar. Die Preisliste finden Sie auf meiner Website www.arschrakete.de. Fragen Sie auch nach Ermäßigungen für Studierende, Arbeitssuchende und Atomkraftgegner. Wir werden uns schon einig.
Nun werden Sie möglicherweise die Frage stellen, was eine solche Darbietung mit Talent zu tun hat. Nichts natürlich. Hätte ich auch nie behauptet. Für mich ist es eine Dienstleistung wie Ohrlochstechen - nur viiiel stimmungsvoller.
Doch RTL konnte sich offenbar nicht dazu durchringen, die Show in "Die Superfreaks" umzubenennen - weil nicht auszuschließen ist, dass die Juroren Dieter Bohlen, Silvie van der Vaart und Bruce Darnell dann selbst mitmachen möchten - und das kann ja keiner wollen. Es war schon schwer genug zu ertragen, wie scheinheilig angewidert sie auf einen nackten Mann mit Feuerwerkskörper im Popo reagiert haben - mit Weggucken und so.
Aber da taz-Leserer ja für ihre Weltoffenheit weithin bekannt sind, wähne ich mich und meinen Arsch bei Ihnen in weitaus besseren Händen. In diesem Sinne: Frohes Fest!
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