Kolumne Die Kriegsreporterin: Irres Hin und Her allüberall
Im Gegensatz zur „schnellen Schlampe Online“ steht Print für ausgiebige Recherche. Warum sind „Spiegel“ und „Stern“ eher als sonst im Handel?
H allo taz-Medienredaktion!
Ja, was ist das für ein verrückter November! Die ARD plane, so höre ich aus gut unterrichteten Kreisen, bereits einen Brennpunkt zum Thema „November – ganz schön aus dem Häuschen!“. Dachte man zunächst, die Temperaturen spielten nur ein wenig verrückt, scheinen sich die Frühlingsgrade auch auf die Medienschaffenden auszuwirken. Irres Hin und Her allüberall.
Beim Stern hatte man kurz daran gedacht, „Entdeckt! Hitlers geheime Wetterdroge!“ auf den Titel zu nehmen, wollte aber nicht in alten Wunden wühlen. Der Spiegel allerdings könnte bald mit dem Heft: „Exklusiv: Hitlers geheime Wetteruhr!“ am Kiosk erscheinen.
Die Frage ist nur, an welchem Wochentag? Denn hatte die Printbranche als Überlebensstrategie im Bombenhagel des Internets die Losung ausgerufen, Print stünde – im Gegensatz zur schnellen Schlampe Online – für ausgiebige Recherche, Nachdenken und all das andere altmodische Zeug, zeichnen sich vor allem Spiegel und Stern aktuell dadurch aus, dass sie – Schmidt tot, Bomben in Paris – mitunter zwei Tage vor ihrem offiziellen Erscheinungstermin im Handel sind.
Gleichzeitig winden sich die Kollegen unter den Tischen und rufen zwischen die Stuhlbeine: „Warum nimmt man uns nicht ernst? Woher rührt der Bedeutungsverlust?“
Die Geisteskapriolen des Matthias Matussek
Ja, das sind Fragen, zu denen ich denke, es wäre doch schön, der NDR wolle ab sofort bei der Besetzung maßgeblicher NDR-Positionen „neue Wege“ gehen. Zwar würde man sich dagegen entscheiden, mögliche Kandidaten für hochrangige Positionen öffentlich bekannt zu machen und zu gucken, ob ein Shitstorm den Anwärter hinwegfegt, man könnte aber die Absicht verfolgen, das Personal etwas genauer auf eine generelle Eignung zu prüfen.
Auch könnten Prominente, die man zunächst vertraglich zur Gestaltung einer Sendung verpflichtet hat, ein Anrecht darauf bekommen, dass der NDR-Verantwortliche persönlich mit ihnen spricht, sollte der Sender den Vertrag – warum auch immer (Wetter, Klimakterium, Antje tot) – kündigen wollen. Nach dem sehr unglücklichen und erstaunlich naiven und unprofessionellen Xavier-Naidoo-ESC-Verpflichtungs-Hin-und-Her hatte Unterhaltungschef Thomas Schreiber in einem NDR-Interview nach Naidoos Rauswurf zugegeben, nicht selbst mit dem Jammersänger gesprochen zu haben.
Auch nicht fein, aber ganz stimmig in Bezug auf die Wetterkapriolen sind die Geisteskapriolen des Matthias Matussek, die der Grenzgänger der Gesundheit nicht müde wird herauszuposaunen. Noch bevor er jetzt als Laudator eines von der rechtspopulistischen Postille Junge Freiheit mit ausgelobten Preises eine neue Rolle fand, ließ er über seinen Anwalt verkünden, die Behauptung, er habe den Welt-Chefredakteur und dessen Stellvertreter, wie Zeugen sagen, als „durchgeknallt“ und als „Arschloch“ bezeichnet, stimme nicht. Im Gegenteil, er sei dem Springer-Verlag sehr verbunden.
Ich nehme an, das ist eine andere Verbundenheit als die, die er den anderen gegenüber empfindet, die er beleidigt und beschimpft hat. Kai-Hinrich Renner etwa, den er „Kackbratze“ nannte. Michel Friedman, den er in einer Maischberger-Sendung als „balla-balla“ und „Schmierenkomödiant“ bezeichnete, die Kolleginnen und Kollegen vom Spiegel, die er beschimpft und bedroht habe, wofür es eine Abmahnung gab.
Bei Springer soll wohl – jetzt nach seinem Rauswurf – noch Geld rausgeholt werden. Auch beim Spiegel, so hat man mir erzählt, war man am Ende bereit, sehr viel Geld nur dafür zu geben, dass der Borderliner-Katholik das Haus endlich verlässt.
Das Sparschwein schüttelnd zurück nach Berlin!
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