Kolumne Die Kriegsreporterin: Führerinnen im Katalog
Was macht eigentlich Tom Buhrow? Und was ist eigentlich mit Frauen in Führungspositionen? Nimmt der Machtkampf beim „Spiegel“ syrische Züge an?
H allo, taz-Medienredaktion!
Wie du weißt, denkt die Maischberger-Redaktion, ich sei Fotografin. Weswegen sie mich zu ihren Fototerminen einlädt. Letzte Woche galt die Aufforderung, mit meiner Kamera zu kommen, einer unappetitlichen Mörderrunde, dass ich sagte, ich komme lieber, wenn die was mit Tieren machen. Oder mit Zauberkünstlern.
Noch bin ich unsicher, in welche Kategorie die aktuelle Einladung fällt, zumal kein Thema angegeben ist. Zum Reden über irgendwas kommen der Zwangsprostituiertennutzer Michel Friedman, der Bürgermeister von Neukölln und eine als „ehemalige Asyl-Bewerberin“ angekündigte TV-Moderatorin.
Wie gesagt, das Thema soll ich mir denken. Ich denke mal: „Mein Tier und ich“. Oder „Sackratten und wie man sie loswird“. Oder „Wie ich einmal die Welt verzauberte“. Egal, Frau Maischberger-Dünser wird schon was Hübsches draus machen.
Apropos machen. Was macht eigentlich Tom Buhrow? Du erinnerst dich, das ist das niedliche Männlein, das versucht hat, durch Lächeln die „Tagesthemen“ in 100-jährigen Schlaf zu versetzen. Der zog aus nach Köln, um Intendant zu werden. Wurde er auch. Aber gibt es den noch? Tut der da was? Ich nehme an, dass mein Lieblingsverbrauchermagazin Stern, das bald so viele Vizechefredakteure hat wie der Mäusezirkus Mäuse, die Frage in seiner beliebten Rubrik „Was macht eigentlich …“ klären wird. Sonst muss ich mal beim WDR anrufen.
Frauen mal nicht unterm Schreibtisch
Auch gut gefällt mir die Frage: Was machen eigentlich Frauen? Nein, Medienredaktion, nicht unter dem Schreibtisch. Das war nicht gemeint. Um obendrüber geht es. Explizit um oben-oben, um die Sphäre, in der die Luft dünn wird. Genau, um die Führung.
Newsroom.de will Bewegung in den Stillstand bringen und sucht „Die 500“. In der Spitze erprobte und zur Führung geeignete Frauen der Medienbranche. Aus irgendeinem Grund sollen die Damen nicht über 40 Jahre alt sein. Hässlich ist aber in Ordnung.
Wer immer sich geeignet fühlt oder eine geeignete Frau kennt, soll sich oder sie bei Newsroom.de vorschlagen. Die vom Neuigkeitenraum wollen dann 500 führungsfähige Kandidatinnen in einem Bildband vorstellen. Konnte man bislang nur Ehefrauen per Katalog ordern, sind nun endlich auch Führungsfrauen im Angebot. Ich finde das gut und werde gern dafür Sorge tragen, dass den Herren bei Stern und Spiegel ein Exemplar auf dem Tisch landet.
„Was passiert dann?“
Wobei man beim Spiegel bald froh sein könnte, wenn sich überhaupt noch fünf Dumme egal welchen Geschlechts finden, die bereit sind, sich an die Spitze zu stellen. Der Machtkampf im Haus nimmt syrische Züge an und es wäre nicht verwunderlich, wenn der designierte Chefredakteur Wolfgang Büchner seinen Posten nicht anträte. Wofür die sogenannte Medienkrise Jahre braucht – den Laden zu schwächen, dem Blatt die Aura der Kompetenz zu nehmen – schaffen die dort Beschäftigten in drei Tagen. Brandbeschleuniger nenne ich das.
Am erstaunlichsten aber finde ich, dass Leute, die auf tollen Unis waren und suuuper viel Geld in ihrer tollen Position bekommen, zu blöd zur Kommunikation sind und zu dem Gedanken „Was passiert dann?“. Dieses Format habe ich in der Sesamstraße sehr geliebt, weil Ernie sich in jede Szene, die ihm als Bildtafel vorgelegt wurde, so hineingesteigert hat, dass er am Ende unsäglich heulte.
Leider haben die Herren beim Spiegel das wohl nie geguckt. Sonst würden sie vielleicht ab und zu mal vorher überlegen, welche Reaktion ihr Handeln bei anderen auslöst. Und könnten cleverer agieren! Mal wieder alles besser wissend, zurück nach Berlin!
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