Kolumne Die Kriegsreporterin: „Spiegel“ und „Focus“ sind fusioniert
Verfassungsschützer kommen mal durcheinander. Auch Medien lassen sich nur noch schwer unterscheiden. Zudem droht ein neues Magazin für „echte Männer“.
H allo, taz-Medienredaktion! Verwechselst du auch manchmal Leute? Kommt es vor, dass du an den Empfang gehst und fragst, ob du den freien Autoren endlich mehr Geld zahlen kannst, und dann fällt dir hinterher auf, der Typ hinter dem Tresen war gar nicht Ines, die Chefredakteurin? Nee?
Das liegt wohl daran, dass du noch alle Tassen im Schrank hast. Anders als der niedersächsische Verfassungsschutz. Der denkt sich: Rechtsradikale? Na, dann überwachen wir doch mal die, die versuchen, die braunen Aktivitäten in die Öffentlichkeit zu bringen, die Journalisten! Und deren Anwälte gleich mit!
Mit den Namen müssen wir es nicht so genau nehmen. Wenn wir einem Schreiberling offenbaren, er wurde überwacht, und das stimmt gar nicht, dann sagen wir einfach: Verwechslung! Was ja schließlich in den geheimsten Kreisen vorkommt, dass man mal was verwechselt. Was womöglich auch erklärt, dass der Verfassungsschutz nicht mitbekommt, wenn in dem Land, dessen Verfassung er schützt, die Ausländer systematisch abgeballert werden. Der dachte, NSU, das sei die alte Automarke. Tja, verwechselt. Kommt vor!
Natürlich nicht bei mir! Deswegen gucke ich immer sehr genau auf die Schrift und ob das Wort über dem Titelbild mit F oder mit S anfängt. Ich lese dann ganz langsam, um jedes Durcheinander zu vermeiden F-O-C-U-S und S-P-I-E-G-E-L, was auch nötig ist, denn beide Hefte haben diese Woche quasi das gleiche Titelbild.
Merkel und Gabriel mit Panzerknacker-Maske vor den Augen, beziehungsweise beim S-P-I-E-G-E-L trägt Gabriel ein Tuch vor dem Mund. Dort ist auch der Hintergrund schwarz und nicht weiß wie bei den Münchnern. Was wohl daran liegt, dass es beim S-P-I-E-G-E-L derzeit etwas düster aussieht. Stimmungsmäßig.
Kann ja mal passieren
Auch etwas meschugge durfte man die letzten Tage im Angesicht der vielen, total gleichen Michael-Douglas-Interviews werden. Egal welches Blatt man bemüht hat, sie hatten alle die gleichen Themen – Vater, Matt Damon küssen, Krebs, Ehe – und die gleichen Antworten. Womit sich mal wieder zeigt, wie wichtig es ist, die Zeitungsvielfalt zu erhalten. Um überhaupt die Möglichkeit zur Verwechslung zu bieten.
Wären nur drei Zeitungen übrig, wie sollte man da noch durcheinanderkommen? Es zeigt aber auch, was für großartige Journalisten wir doch haben, die alle so furchtbar originell sind. Oder sind sie es gar nicht und man hat die geschickt, die so ein Interview für das wenigste Geld machen? Ach, egal! Das ist wie beim Verfassungsschutz: Kann ja mal passieren!
Mit Sorge blicke ich allerdings auf die Entwicklungen im Hause Burda. Dort ist der Markttest des Magazins FreeMan’s World so erfolgreich verlaufen, dass man es nun in Serie bringen will. Ein Heft, das Männern den Weg nach draußen zeigt, damit sie ihre „Grenzen“ ausloten können. Und nicht nur, dass man nun bald damit rechnen muss, dass Männer versuchen, ohne Auto eine Straße zu überqueren, und man den Ampelknopf nicht mehr selbst drücken kann, weil da immer schon einer steht, der aus dem Staunen nicht mehr rauskommt, weil nach dem Drücken Schrift rot leuchtet.
Mir graut schon vor der Natur, die bevölkert sein wird, von all denjenigen, die man in Büros sicher verwahrt glaubte. Die letzten Freiräume – Wiesen, Wälder, Deiche –, die einem noch das Luftholen ohne die Gegenwart von Karrieristen erlaubten, werden bevölkert sein von Männern, die in überteuerter Outdoorkleidung mit ihrem FreeMan’s-Heft auf dem Hügel stehen und nachgucken, woran sie einen Regenwurm erkennen.
Auf den Schreck einen Dujardin und zurück nach Berlin!
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