Kolumne Der rechte Rand: Die AfD-Verlierer
Militant orientierte Rechtsextreme wie Christian Worch haben seit dem Erstarken des rechtspopulistischen Milieus in Deutschland an Einfluss verloren.
O b er enttäuscht oder ermattet ist, verbittert oder verstimmt? „Nein“, antwortet Christian Worch auf Nachfrage der taz. Der Mann, der sich selbst als „Nazi“ bezeichnet und im Norden über Jahrzehnte die militante Szene vorangetrieben hat, hielt sich in den vergangenen Monaten mit öffentlichen Äußerungen und Aktionen zurück.
Zwar reihte Worch sich am 14. April in Dortmund bei den rund 600 Marschierenden von „Die Rechte“ ein. Der 62-Jährige trat aber vor den jüngeren Kameraden nicht als Redner auf. Früher wäre das kaum denkbar gewesen.
Die rechtsextreme Szene hat seit dem Erstarken des rechtspopulistischen Milieus in Deutschland an gesellschaftlicher Ausstrahlung verloren. Es gibt kaum Anhängerzuwachs, kaum Wahlerfolge. Worch hatte, nachdem in Hamburg die „Nationale Liste“ (NL) verboten wurde, die Organisationsidee der „Freien Kameradschaften“ mit entworfen. Das war über Jahre das Erfolgsmodell, um Jugendliche und junge Erwachsene für die „nationale Bewegung“ zu gewinnen.
Ob Bewegung oder Partei – Worch, der schon 1977 in Hamburg bei einer Aktion mit Eselsmaske und einem Schild mit der Aufschrift „Ich Esel glaube, dass in Deutschland Juden vergast worden sind“ teilnahm, ist da nicht dogmatisch. Das NL-Verbot 1995 hinderte ihn nicht daran, 2012 die Partei „Die Rechte“ zu gründen.
Im vergangen Jahr legte er den Bundesvorsitz jedoch nieder, kaum dass er wieder gewählt war. Auf dem Parteitag am 28. Oktober 2017 hatten die Mitglieder sich „uneingeschränkt zur deutschen Volksgemeinschaft bekannt“. Ein taktischer Fehler für Worch. Bei einem Verbotsverfahren würden sie auf „verlorenen Posten“ stehen, befürchtete er.
Aufmarsch abgesagt
Mit der Amtsniederlegung sank sein Einfluss. Über die Wahlchancen von „ Die Rechte“ macht Worch sich keine Illusionen. Er sieht die Arbeit anderer rechter Parteien als eine Ursache für den aktuellen Erfolg der AfD. Diese verkörpere „die Dritte Welle“, glaubt Worch.
Die erste Welle seien die Wahlerfolge der NPD in der 1960er-Jahren gewesen, die zweite Welle die Erfolge der „Republikaner“ (REP) und der „Deutschen Volksunion“ (DVU) bei einzelnen Wahlen. „Aller guten Dinge sind drei“, bemüht er eine Redensart. Bei der AfD sei es nun nicht mehr gelungen, sie gesellschaftlich so „völlig zu isolieren“ wie die NPD und die REP. Für die AfD sei es „halt ‚die Gunst der Stunde‘“, so Worch.
Eine Niederlage erlitt die Partei „Die Rechte“ gerade. Ihren Aufmarsch am Mittwoch in Göttingen musste sie absagen. Die Rechten sollen ihre Anhänger nicht mobilisiert bekommen haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation