Kolumne Der rechte Rand: Die rechte Szene meckert
De rechte Szene versucht, ihren Merkel-Protest als Bewegung aus der Mitte darzustellen – dabei waren die 500 Gegendemonstranten störend.
M erkel muss weg – das riefen am vergangenen Montag rund 120 vermeintlich besorgte Bürger in Hamburg, die gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel demonstrierten. Auf dem Jungfernstieg waren sie einem Facebook-Aufruf von Uta Ogilvie gefolgt. Viele von ihnen hielten Schilder mit der Anti-Merkel-Parole hoch. Doch sie waren nicht alleine da. Über 500 Gegendemonstranten stellten sich ihnen entgegen. „Rassismus ist keine Alternative“ stand auf deren Transparenten. Ein Gegenprotest, den das rechte Milieu als gänzlich illegitim, und „undemokratisch“ wahrnimmt.
Der Protest gegen Merkel begann ganz klein. Vor drei Wochen hatte sich Ogilvie mit einem Schild auf den Jungfernstieg gestellt. „Ich war schon lange mit der politischen Situation unzufrieden“ sagte sie der Jungen Freiheit (JF). Auf der Flaniermeile soll sie gleich viel Zuspruch erfahren haben, aber auch auf Facebook. Diesen Protest wollte Ogilvie ausbauen und meldete eine Kundgebung an. Etwa 60 Merkel-Kritiker kamen dann vor zwei Wochen zusammen, um den Rücktritt der Kanzlerin zu fordern.
Auf Facebook gab Ogilvie für die Kundgebung Verhaltensweisen vor. Nicht erlaubt waren lautes Skandieren und „Parteilogos irgendwelcher Organisationen“. Auch „Aufrufe zu Gewalt“ und „Dinge, die an die Zeit von 1933 – 1945 anknüpfen“ untersagte Ogilvie. Auf der Kundgebung standen denn auch die einschlägigen Merkel-Kritiker. Ohne eigenes Logo oder Parteizeichen – ganz wie gewünscht – waren Anhänger der Identitären Bewegung, Kameradschaftsszene und NPD gekommen.
Ein Fakt, den Matthias Matussek in dem online erscheinenden „liberal-konservativen Meinungsmagazin“ „Tichys Einblick“ ignoriert und stattdessen feststellt: „Die Leute, die sich hier versammelt haben, sehen so aus, als würden sie normalerweise hier einkaufen (…) Für viele dürfte es die erste Demo sein. Feines Hamburger Bürgertum.“ Zum Gegenprotest schreibt er: „Das ist deutsche Realität: Eine Frau ist mit der Regierung unzufrieden und protestiert, indem sie ein Schild hochhält. Dann kommen die linken Schlägertrupps, die über verschiedene Gegen-rechts-Töpfe von verschiedenen Ministerien subventioniert werden, mit Kapuzen und krawallsüchtiger Dummheit im stieren Blick.“
Das zu einer demokratischen Kultur Protest gegen den Protest legitim ist, stört auch die AfD. Der Vorsitzende der hamburgischen AfD-Bürgerschaftsfraktion, Alexander Wolf, erklärte per Pressemitteilung: „Ohne auf Inhalte der Demonstration einzugehen, finde ich es äußerst erschreckend und verstörend, wenn friedliche Demonstranten nur unter massivem Polizeischutz und mit Wasserwerfern ihre Meinung äußern können.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Frauen in der ukrainischen Armee
„An der Front sind wir alle gleich“
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“