Kolumne Besser: „Wir heißen alle Adolf“
Alter-Sack-Skandal in der taz: Viele Leser empören sich über einen Papst-Kommentar und schreiben Briefe. Der Autor schreibt zurück.
I n einem Kommentar auf taz.de und auf der Titelseite der taz wurde der neue Papst als „reaktionärer alter Sack“ bezeichnet. Der Rest des Textes ging im Sack-Gate mehr oder minder unter. Die Folge: Etliche Leserbriefe und -kommentare mit wohlwollender Zustimmung, aber mit konstruktiver Kritik. Und auf so manchen Brief folgte ein längerer Mailwechsel. Zum Beispiel dieser.
Leserbrief
Wie kann eine seriöse Zeitung es zulassen, dass so ein volksverhetzender Kommentar über den Papst von einem Deutsch-Türken veröffentlicht wird? Würden solche Ausdrücke über einen islamischen Würdenträger geschrieben werden, welcher Aufschrei ginge da durch die Presse − wenn überhaupt eine Zeitung es wagen würde, ein solches Pamphlet zu drucken. Als Moslem sollte Ihr Schreiberling wissen: Toleranz ist keine Einbahnstraße! Sein schändlicher Kommentar beweist, dass zwar inzwischen Muslime zu Deutschland gehören, aber der Islam nicht zu Europa, wenn die christlichen Wurzeln Europas so mit Füßen getreten werden. Adolf Volland
Sehr geehrter Herr Volland,
vielen Dank für Ihren Brief. Ich würde gerne ausführlich auf Ihre Kritik antworten, hätte zuvor aber ein paar Fragen: Sind Sie Leser der taz? Hätte Sie dieser Kommentar weniger aufgeregt, wenn er von einen Michael Meier verfasst worden wäre? Und woher wissen Sie so viel über mich, woher kennen Sie mein Heimatland und meine Religion? Beste Grüße, Deniz Yücel
Herr Yüzel,
ich frage mich, warum Sie wissen wollen, ob ich Leser der taz bin. Sie wollen mich wohl in eine Schublade schieben. MfG Adolf Volland
Sehr geehrter Herr Volland,
ist Redakteur der taz.
Sie werden verstehen, dass mir zwar am Austausch mit Leserinnen und Lesern der taz gelegen ist, ich aber weder Zeit noch Lust habe, mich mit jedem auseinanderzusetzen, der zufällig auf meinen Kommentar aufmerksam geworden ist. Also keine Schublade, nur Zweckmäßigkeit. Übrigens: Einen schönen Vornamen haben Sie da. Selber ausgesucht? Beste Grüße, Deniz Yücel
Sehr geehrter Herr Yüzel,
ich kaufe hin und wieder die taz an der Tankstelle und höre regelmäßig den Deutschlandfunk, wo die taz ja oft zitiert wird. Und, ja ich habe einen schönen Vornamen, den trug schon mein Vater und dessen Vater usw. Ihre Frage zeugt von einer völligen Unkenntnis der Namensgebung in der deutschen Vornamensgeschichte. Ich weiß natürlich, worauf Sie hinauswollen. Aber für mich ist das nichts als ein weiteres Zeichen von faschistoidem Rassismus, den Sie auch in Ihrem „Kommentar“ offenbart haben. MfG Adolf Volland
Sehr geehrter Herr Volland,
ich habe keine Ahnung, worauf Sie hinauswollen, wenn Sie schreiben, Sie wüssten, worauf ich hinauswolle. Aber ich hoffe doch, dass auch Ihr Sohn und dessen Sohn Ihren schönen Vornamen weitertragen. Und hat Ihnen nun mein Kommentar missfallen oder der Name des Verfassers? (Apropos Name: Sie setzen das z falsch.) Und verraten Sie mir endlich, woher Sie so gut über mein Heimatland und meine Religion informiert sind? Gruß, Yücel
Sehr geehrter Herr Yücel,
nein, mein Sohn heißt nicht so, man kann diesen Namen leider nicht weitergeben, ohne für einen Hitlerverehrer gehalten zu werden. Aus Ihrem Namen (ich bitte die falsche Schreibweise zu entschuldigen) habe ich geschlossen, dass Ihr Ursprungsheimatland die Türkei ist und Sie zum mohammedanischen Glauben gehören. Und mich stört es, dass sich jeder ungestraft über Christen und Christentum lustig machen kann, sich aber kein Journalist/Autor traut, ähnlich unflätig über den Islam zu schreiben. Mfg Adolf Volland
Sehr geehrter Herr Volland,
„Ursprungsheimatland“ gefällt mir gut, das werde ich mir merken. Aber warum sollte ich in einem Kommentar, der sich mit dem neuen Papst beschäftigt, über den Islam schreiben? Haben Sie mal überprüft, ob ich dergleichen nicht an anderer Stelle getan habe? Googelt, so werdet ihr finden, spricht der Herr (Mt 7,7). Und würde es Ihnen denn gefallen, wenn einer so über den Islam schreiben würde? Gruß, Yücel
Sehr geehrter Herr Yücel,
ich weiß nicht, was Sie sonst schreiben, aber mir würde das im Prinzip nicht gefallen. Mir ging es ums Grundsätzliche, wenn Sie verstehen, was ich meine. MfG Adolf Volland
Sehr geehrter Herr Volland,
ich verstehe gar nichts. Aber ich muss jetzt arbeiten. Man wartet auf meine Kolumne. Leben Sie wohl.
***
Besser: Twittern. Ab sofort, bis es langweilig wird unter @Besser_Deniz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr