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Kolumne BauernfrühstückWo die Sonnenblume stramm steht

Anja Maier
Kolumne
von Anja Maier

Wenn Sie in der Provinz unterwegs sind, nehmen Sie das Bauernfrühstück: Das ist immer frisch zubereitet. Oder Sie fahren eben nach Mallorca.

So haben es die Leute in der Provinz gern: Sonnenblumen, die strammstehen Foto: imago/Photocase

H allöchen und Hola! Ich melde mich anlässlich meiner ersten Kolumne aus Mallorca, dem verlängerten Wohnzimmer des deutschen Spießers. Und ja, tatsächlich mache ich hier exakt das, was das Kopfkino linksgrüner Metropolenbewohner für Leute wie mich im Repertoire hat: Pauschalurlaub. Sechs Tage im Viersternehotel, Meerblick, Halbpension, drei Pools und abends Animation mit allem Zipp und Zapp. Kannste nicht meckern, sagen wir Brandenburger dazu.

Diesen Kolumnenplatz hier darf ich ab jetzt regelmäßig vollschreiben, weil ich etwas verkörpere, was unter taz-KollegInnen eine Art Exotenstatus darstellt. Nennen wir es Provin­zia­lität. Provinz ist ja bekanntlich da, wovor man immer abgehauen ist: die eigene Herkunft, das Gestrige, Überwundene.

Provinz ist also mittlerweile dort, wo die anderen, die komischen Menschen wohnen, mit denen Berliner, Hamburger oder Münchner dieses zwiespältige Gefühl verbinden: Einerseits haben die Provinzler diese toll gelegenen Grundstücke rund um die Großstädte; andererseits häufig nicht die nötige Finesse bei Präsentation und Lifestyle. Warum räumen die Provinzler nicht einfach ihre Zwanzigerjahre-Häuschen im Speckgürtel, ziehen nach Marzahn und überlassen den Geschmacks-Afi­cio­nados ihre Bestandsimmobilie?

Abwechselnde Grüntöne

Denn Provinz, das ist da, wo die Dächer mit blau lackierten Ziegeln gedeckt sind, wo die Sonnenblumen stramm stehen und die Thujahecke in sich abwechselnden Grüntönen gepflanzt ist. Da, wo man auf dem Heimweg von der Landpartie kurz aus dem Volvo springt, um im Dorfgasthaus zu essen – um dann von Frauen mit pinken Haarsträhnen und indezenten Nagelapplikationen enttäuschende industriepanierte Schnitzel serviert zu bekommen. (Protipp von der Provinzlerin: Nehmen Sie immer das Bauernfrühstück; es ist das einzige Gericht, was frisch zubereitet werden muss.)

Zwei Drittel der Deutschen wissen das mit dem Bauernfrühstück übrigens – so viele Menschen leben nämlich in Kommunen unter 100.000 Einwohnern. Das gerät leicht mal aus dem Blick, wenn man in Berlin die nahe gelegene Craftbeer-Pinte ansteuert oder im Dachgarten der innerstädtisch situierten Baugruppe ein Hochbeet bepflanzt und seinen Bürohintern hernach auf einem selbst gefilzten Sitzkissen platziert. Provinz, das sind stets die anderen. Dabei ist man es zuverlässig selbst.

Einer Provinzlerin wie mir muss nix peinlich sein, deshalb fährt sie ja auch nach Mallorca. Doch bedauerlicherweise ist es hier so, wie ich es ausdrücklich nicht mag: provinziell. Mäßig geschmackvoll gekleidete Miturlauber häufen sich abends zu viel vom mallorquinischen Büffet auf ihre Teller und schaufeln es wortlos neben ihrer sonnenverbrannten Ehefrau in sich hinein. Das hat die Provinzlerin nicht gewollt. Wozu reist sie in die Welt hinaus? Sicher nicht, um auf ihresgleichen zu treffen. Im nächsten Urlaub wird sie deshalb lieber gleich zu Hause bleiben. In der Provinz.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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6 Kommentare

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  • Man muss da ( Malle ) ja nicht hinfahren bzw - noch "schlimmer" - hinfliegen. Könnte man auch einfach lassen...

  • Zitat: "Warum räumen die Provinzler nicht einfach ihre Zwanzigerjahre-Häuschen im Speckgürtel, ziehen nach Marzahn und überlassen den Geschmacks-Aficionados ihre Bestandsimmobilie?"

    Gegenfrage: Warum sollten sie das tun? Wegen der angeblichen "Finesse bei Präsentation und Lifestyle", derentwegen die "Geschmacks-Aficionados" der Überzeugung sind, dieses Entgegenkommen hätten sie sich redlich genug verdient? Himmel! Nein!!!

    Übrigens: Es gehört zu den Wesensmerkmalen der Provinzler*innen, dass sie nur deswegen in die Welt hinaus reisen, um da auf ihresgleichen zu treffen. Auf Menschen also, die den selben Lifestyle präsentieren wie sie. In sofern frage ich mich schon, ob es nicht doch auch bloß Provinzler sind, die in den Großstädten in ihre Craftbeer-Pinten starren, im Dachgarten der innerstädtisch situierten Baugruppe ein Hochbeet bepflanzt oder ihren Bürohintern auf einem selbst gefilzten Sitzkissen platzieren.

    Wenn ich derzeit doch lieber gleich zu Hause bleibe, dann liegt das jedenfalls daran, dass ich schon genügend Provinzen besucht habe in meinem Leben. Weltweit. Von der mal völlig abgesehen, die ich tief in mir selber finde.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Ja, die Welt ist provinziell. Ab und zu trifft man einen hellen Kopf - die Quote ist aber gefühlt auf dem Land höher, da dort mehr Zeit vorhanden ist.

      Berlin ist jedenfalls ein Dorf, das von vielen Dörflern besiedelt ist, die cold brew coffee für heißen Scheiß halten.

  • kurz - “Maanche nimm - echte Lachs!“

    unterm——-Liggers.



    Die alte Dame - *03;)) (mit dem raaansten Aaoöle.



    (vgl Der Buchstabe G - Kurt Tucholsky - aber nur H!;)

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      ...ach, was schwitters mich, denk ich an den Kurt, der nie ein Tucholsky sein wollte.

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Ok Ok - Für Sie wg 5 PS -



        Peter Panter



        Vossische Zeitung, 02.11.1930, Nr. 518.



        &



        Für mich - Der Buchstabe G - by Kurt Tucholsky - wg



        “Humor um uns“ - Hg. Roda Roda -



        Zerlesen - fliegende Blätter - lange eh ich - Tucho auffem Schirm hatte - schnallte wer - Carl Zuckmayer ein Stück von mir - Olaf Gulbransson schuf Adamson - Paul Klee - Lyonel Feininger - Bruno Paul - Harry Schreck & ff usw usf & wie sie alle heißen - “waren“!



        kurz - amüsiert angemerkt.;)



        Nischt for unjut

        unterm——-



        www.textlog.de/tuc...y-buchstabe-g.html



        (btw - Schwitters hattemer vor was bei 6 Wochen auffe Schäl Siek - fein wars.;)