Kolumne B-Note: Ich kann nicht alles
900 Stunden Olympia live in 16 Tagen. Das ist das gastronomische Konzept „All you can eat“ auf Sport übertragen. Auf Dauer tut das Keinem gut.
G lotze an, Sport rein, keine Diskussion. Es läuft, was gerade läuft. Früher war das so und nicht anders. Zu den Olympischen Spielen in London haben sich die Sender ARD und ZDF aber etwas Neues ausgedacht.
Übertragung von morgens bis Mitternacht, dazu bis zu sechs Livestreams gleichzeitig im Internet. Die neue Unübersichtlichkeit ist im Fernsehen angekommen: 302 Wettbewerbe in 26 Sportarten. Insgesamt 900 Stunden live in 16 Tagen, bis zu 60 Stunden pro Tag. Crazy!
ist Volontärin im Olympiateam der taz.
Fast könnte man meinen, das Fernsehen hätte in postaufklärerischer Mission ein Stück seines Lenkungsmonopols aufgegeben. Soll der Zuschauer endlich mündig werden, selbst entscheiden, Akzente setzen. Von wegen! Das ist einfach das gastronomische Konzept „All you can eat“ auf Sport übertragen. Das tut dem Körper nicht gut. Nur Menschen, die sich gern Liebhabersportarten wie Skeet nonstop reinziehen, können sich freuen.
Mehr Stoff, weniger Personal!
Faktisch sieht das dann so aus: Frauen Degen-Einzel oder Männer Tischtennis-Einzel? Das überfordert eigentlich alle. Aber ARD-Teamchef Walter Johannsen freut sich: „Das Angebot im Internet ist nicht nur kostengünstiger, sondern bietet dem Publikum eine bislang nicht gekannte Vielfalt.“
Schön aus der Affäre gezogen! Mehr Stoff, weniger Personal. So nicht! Da sitzt man nun allein, frisst Chips und bekommt eckige Augen. Ständig ist man mit dem Gefühl seiner eigenen Unzulänglichkeit konfrontiert. Ich kann nicht alles, ich kann nicht alles, ich kann nicht alles!
Da hilft nur Boykott. Am ersten Olympia-Samstag im ZDF erreichte die Sendung „Olympia kompakt“ die höchsten Einschaltquoten. So ganz Oldschool-mäßig nach dem Motto: Weniger ist mehr.
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